Trump gibt erstes TV-Interview seit US-Wahl - Interna sickern durch: „Feindliche Übernahme“

Donald Trump glaubt weiter an seinen Wahl-Sieg. Unterdessen kommen Interna ans Licht. Sie erklären teils Trumps Verhalten - und werfen ein beklagenswertes Licht auf das Weiße Haus.
- Am Sonntag (29. November) hat Donald Trump sein erstes TV-Interview seit der US-Wahl gegeben.
- Unterdessen hat die Washington Post Interna aus dem Umfeld des US-Präsidenten erfahren.
- Sie geben einerseits Aufschluss über die praktischen Hintergründe der Trump-Strategie - werfen aber auch ein unvorteilhaftes Licht auf das Vorgehen des Teams um den Präsidenten.
Washington - (Noch-)US-Präsident Donald Trump hat das erste TV-Interview seit der Wahl Anfang November gegeben. Fast eine Stunde Sendezeit beanspruchte Trump bei seinem früheren Haussender Fox News - und erneuerte dabei seine massiven wie unbelegten Vorwürfe zum Ablauf der Wahl. Gewonnen hat diese Herausforderer Joe Biden. Möglicherweise ist Trumps Verhalten auch Folge des Einflusses einiger Vertrauter, wie ein neuer Bericht nahelegt.
Trump gibt erstes Interview nach der US-Wahl: Präsident hofft immer noch auf Erfolg vor Gericht
Der Urnengang sei „ein kompletter Betrug gewesen“, sagte der telefonisch zugeschaltete Trump am Sonntag. Er wiederholte bereits bekannte Anschuldigungen: Viele Tote hätten abgestimmt, im Zuge der Briefwahl sei es zu „massivem Betrug“ gekommen. Der US-Präsident verweigert seit Wochen trotzig die Anerkennung der Wahlniederlage - Experten vermuten einen tieferliegenden Grund, wie bei Merkur.de* zu lesen ist. Soziale Netzwerke und insbesondere die Medien - die er erneut als „Feinde des Volkes“ bezeichnete - unterdrückten die Wahrheit, sagte Trump weiter.
Als Moderatorin Maria Bartiromo ihn am Sonntag fragte, ob es trotz der zurückliegenden Gerichtsniederlagen noch einen Weg zum Sieg gebe, beschied Trump, trotz erster Anzeichen des Einlenkens*: „Ich hoffe es.“ Mit dieser Haltung scheint er allerdings zunehmend alleine dazustehen. Wie die Washington Post berichtet, kommt es mittlerweile auch im Team seiner Anwälte immer weiter zu massiven Auflösungserscheinungen.
Trump „wie ein verrückter König George“: Mitarbeiter geben Einblicke in Wahlabend
Berater und Mitarbeiter des amtierenden US-Präsidenten gaben dem renommierten Blatt anonym offenbar teils skurrile Einblicke in die Stimmung im Umfeld. Schon am Wahlabend habe Trump wie ein „verrückter König George“ gemurmelt, „ich habe gewonnen, ich habe gewonnen, ich habe gewonnen“, erzählte ein nicht namentlich genannter „enger Berater“ dem Blatt in Anspielung auf ein Shakespeare-Stück. Im Kreise der Mitarbeiter habe es keinen Widerspruch gegeben. „Wenn er denkt, er hat gewonnen, dann gilt, ‚schhh... wir werden es ihm nicht sagen‘“, beschrieb er die Maßgabe.
In der Folge habe Trump Ratschläge seines in der „Russland-Affäre“ erprobten Advokaten-Teams ignoriert und sich auf Juristen verlassen, die ihm Hoffnung auf einen Wahlsieg auf Rechtswege gaben, ist in dem Bericht zu lesen. An die Spitze der Getreuen setzte sich früh der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani. Doch die Mannschaft des prominenten Trump-Unterstützers zerlegte sich schnell - spätestens nach einer Gerichtsniederlage in Pennsylvania.
Donald Trump und Rudy Giuliani: Mitarbeiter fällen böses Urteil über Top-Juristen des US-Präsidenten
Nach Informationen der Washington Post hatten mehrere Juristen das Team bereits verlassen, als Giuliani ihnen seinen Plan für den Bundesstaat Pennsylvania vorlegte. Er habe von ihnen „Argumentationen verlangt, die ihnen peinlich waren“, heißt es. Verbliebene Vertreter mussten schließlich vor Gericht zugeben, dass republikanische Wahlbeobachter bei den Auszählungen in einer Zahl vertreten waren, die „nicht Null war“.
Am 13. November folgte dann das für Trump verheerende Urteil. In der Folge habe sich ein Riss zwischen Giulianis Einschätzung und jener der Anwälte des Teams gezeigt, schreibt das Blatt. Giuliani sei von vielen Juristen der Gruppe als „derangiert“ und schlecht vorbereitet wahrgenommen worden, einige seien Treffen mit ihm bewusst aus dem Weg gegangen. Belege für Trumps Vorwürfe habe Giuliani auch intern nicht vorlegen können.
US-Wahl: „Feindliche Übernahme“ in Trumps Team? Spott über Plan um „Clowns-Auto“
Mitte November sei es intern schließlich zu einer „feindlichen Übernahme“ im Team gekommen. Giuliani und seine Mitarbeiterin Jenna Ellis hätten Trump überzeugt, dass es weiter Siegchancen gebe - Juristen mit anderen Meinungen würden den US-Präsidenten „belügen“. Giuliani und Ellis hätten ein Stück für ein „ein Mann starkes Publikum“ gegeben, urteilte ein Beobachter.
Über die Strategie des Duos spottete ein „leitender Mitarbeiter“ der Trump-Regierung im Gespräch mit der Washington Post. Man habe jeden, der mitziehen wollte, in die Öffentlichkeit schicken wollen. „Holt alle heran, die bereit sind, es zu tun, setzt sie in ein Clowns-Auto und wenn es Zeit für eine Pressekonferenz ist, schickt sie raus“, habe der Plan gelautet.
Republikaner erhebt Vorwürfe gegen Trumps Kampagne: „Ich hatte keine Wahl“
Einen berühmt gewordenen Auftritt Giulianis, bei dem dem Juristen offenbar Haarfärbe-Mittel über das Gesicht lief, habe allerdings selbst Trump irritiert, ist zu lesen: Die Szene habe Giuliani „wie einen Witz“ aussehen lassen. Später habe der US-Präsident zu härteren Mitteln greifen wollen: So überzeugte er ein Mitglied des Wahlausschusses von Michigan, den Wahlausgang nicht zu zertifizieren - und lud die republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses und Senats des Bundesstaats, um sie zu überzeugen, keine Wahlleute der Demokraten zu bestätigen. Erfolglos.

Brad Raffensperger, selbst Republikaner und im umkämpften Swing-State Georgia mit für die Wahlauszählung verantwortlich, gewährte auch Einblick in die Gefühlslage in der Verwaltung des Bundesstaates. Er habe wiederholt Aufforderungen von Trump-Vertrauten zurückgewiesen, seine ethischen Leitlinien zu übertreten, sagte er der Washington Post. „Ich denke, ich hatte keine Wahl. Mein Job ist es, dem Gesetz Folge zu leisten.“
An Trump-Unterstützer unter den Republikanern richtete er einen klaren Appell. Es sei an der Zeit, Flagge zu zeigen. „Werdet ihr für Integrität einstehen? Oder werdet ihr gemeinsame Sache mit dem wilden Mob machen? Ihr wolltet den wilden Mob verdammen, als er auf der linken Seite auftrat. Was macht ihr, wenn er auf unserer Seite ist?“ (fn) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.