Valneva-Chef sieht Totimpfstoff-Bezeichnung eher kritisch! Es ist „sehr komplex“

Valneva muss für die Entwicklung des Impfstoffs extrem hohe Schutzstandards umsetzen. CEO Thomas Lingelbach äußert sich zu den Gründen.
Noch wartet Valneva auf die Freigabe durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA). Der Impfstoff des französischen Biotechnologieunternehmens wurde bereits Anfang Dezember 2021 von den Verantwortlichen in das Rolling-Review-Verfahren aufgenommen. Das Vakzin wird allgemein als klassischer Totimpfstoff bezeichnet. Mitte Februar hatte ausgerechnet der Chef von Valneva in diesem Punkt widersprochen und erklärt warum.
Bereits bei Novavax gab es im Vorfeld der Zulassung durch die EMA immer wieder heftige Diskussionen über die Zuordnung. Nachdem der Impfstoff immer wieder als Totimpfstoff bezeichnet wurde, platzte nicht nur einem Professor für Impfstoffkunde der Kragen, auch der aktuelle Gesundheitsminister Karl Lauterbach meldete sich Ende Dezember kritisch zu Wort.
Valneva-Chef erklärt Bezeichnung als Totimpfstoff für falsch
Inzwischen wird Novavax als proteinbasierter Impfstoffe bezeichnet. Mit Valneva schien dann der erste echte Totimpfstoff gefunden im Kampf gegen Corona. Doch in einem Interview mit dem Stern erteilt ausgerechnet Valeneva-Chef Thomas Lingelbach der Kategorisierung eine Absage.
Lieber von inaktivierten Ganzvirusimpfstoffen sprechen.
Der CEO des Biotechnologieunternehmens aus Frankreich erklärt dazu: „Statt von Totimpfstoffen sollten wir lieber von inaktivierten Ganzvirusimpfstoffen sprechen.“ Laut Lingelbach enthielten grundsätzlich „auch andere Impfstoffe „tote“ Bestandteile“. Diese als konventionelle Technologie angesehene Entwicklung solcher Impfstoffe sei bereits seit „50 bis 70 Jahren“ vorhanden.
Valneva-Herstellung sehr komplex: Hohe Schutzstandards für inaktivierten Ganzvirusimpfstoffe
Für den Valneva-Chef sind die Vorteile der inaktivierten Ganzvirusimpfstoffen aber ganz offensichtlich. So macht er deutlich, dass diese Vakzine bisher immer ein „hervorragendes Verträglichkeitsprofil“ gezeigt hätten. Lingelbach: „Außerdem beruht eine Vielzahl der Kinderimpfstoffe darauf, was wiederum für ihre Verträglichkeit spricht.“

Die Herstellung der Impfstoffe sei allerdings „sehr komplex“. Die Labore müssen für die Entwicklung der inaktivierten Ganzvirusimpfstoffen, wie Valneva, besonders hohe Schutzstandards erfüllen. Laut dem CEO dauerte es in diesem Fall jetzt acht Monate.
Entwicklung von Valneva: Vorbereitung, Produktion, Sicherheit
Die „Organismen oder Viren, mit denen im Labor gearbeitet wird, werden in unterschiedliche biologische Sicherheitsstufen kategorisiert“, so beschreibt es Thomas Lingelbach in dem Stern-Interview. Die Arbeit an den Corona-Impfstoffen erfolgt zunächst mit dem lebenden Virus, daher die enormen Sicherheitsmaßnahmen. Sars-Cov-2 gilt demnach als „biologischer-Sicherheitsstufe-3-Organismus“.
Schutzstufe 3
Laut der Definition durch die Medizinische Hochschule Hannover muss das S3-Labor bei luftübertragbaren Krankheiten baulich abgetrennt sein und die Abluft muss gefiltert werden. Bei anderen Krankheiten muss keine bauliche, nur eine räumliche Trennung erfolgen. Zusätzlich muss Unterdruck im Labor herrschen. Der Boden ist mit einem wasserundurchlässigen, leicht zu reinigendem Material auszukleiden und die Oberflächen müssen säure-, laugen- und lösungsmittelbeständig sowie beständig gegen Desinfektionsmittel sein. Beobachtungsfenster in den Türen sind vorgeschrieben. Jedes Labor sollte seine eigene Ausrüstung besitzen und es muss an Sicherheitswerkbänken gearbeitet werden. Ein leicht zugänglicher Tierkörperverbrennungsofen muss vorhanden sein.
Neben den extremen Vorbereitungen sind auch die einzelnen Produktionsstufen für Valneva, und den inaktivierten Ganzvirusimpfstoffen im Allgemeinen, deutlich länger. Lingelbach: „Die mRNA-Technologie ist darauf ausgerichtet, große Mengen in kurzer Zeit zu produzieren. Da können konventionelle Technologien nicht mithalten.“
Valneva als Hoffnung für Impfskeptiker: So sieht‘s der Unternehmens Chef
Der Totimpfstoff, beziehungsweise der inaktivierten Ganzvirusimpfstoff Valneva oder auch der proteinbasierte Impfstoff von Novavax gelten immer wieder als große Hoffnungsträger für Impfskeptiker. Vom Chef des französischen Biotechnologieunternehmens gab es bereits im Dezember 2021 dazu eine klare Aussage. Diese hat er jetzt erneut untermauert: „Wir sollten nicht damit zögern, eine hohe Durchimpfungsrate zu erreichen. Deshalb ist es ethisch und moralisch nicht vertretbar dazu aufzurufen, auf einen Impfstoff zu warten, der noch nicht zugelassen ist.“
Außerdem erklärt er, Impfstoffe müssten „sicher, verträglich und wirksam sein, sonst würden sie nicht zugelassen werden“. Unter diesem Gesichtspunkt gibt es für ihn aktuell „keine guten oder schlechten Impfstoffe. Was es gibt, sind zugelassene Vakzine“. Zu den bisherigen Impfskeptikern und der Hoffnung auf Valneva sagte er: „Ich persönlich hoffe, dass es uns gelingt, ein paar von ihnen von der Impfung zu überzeugen.“