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Umstrittene Corona-Studie deckt auf: Sich auf eine Art zu schützen ist wichtiger

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Von: Dominik Jahn

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Studie aus England
Umstrittene Studie liefert Ergebnisse: Absichtlich mit Corona infiziert. (Symbolbild) © dpa/ Morio Taga

Human-Challenge-Studie aus England: Für diese Tests haben sich Menschen absichtlich mit Corona infiziert.

Mit dem Coronavirus und den neu entwickelten Impfstoffen sind immer öfter Studien im Blickpunkt der Öffentlichkeit. So gibt es bereits umfangreiche Booster-Studien zu den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna, dem Vektorimpfstoff AstraZeneca, dem proteinbasierten Vakzin Novavax sowie dem Totimfpstoff Valneva. Aber auch zu den immer interessanter werdenden Corona-Medikamenten gibt es Untersuchungen.

Doch eine spezielle Studie aus England spaltet die Welt der Mediziner wie fast keine andere. Es handelt sich um die Human-Challenge-Studie. Wie die deutsche Wissenschaftszeitschrift Forschung und Lehre schreibt, hat das Imperial College in London jetzt knapp ein Jahr nach dem Start der Testreihe erste Ergebnisse dazu vorgestellt.

Human-Challenge-Studie: Grundlagen für die umstrittene Corona-Forschung

In der Veröffentlichung zu der sogenannten Preprint-Studie heißt es: „Um ein neuartiges menschliches Herausforderungsmodell für SARS-CoV-2 zu etablieren, wurden 36 Freiwillige im Alter von 18–29 Jahren ohne Nachweis einer früheren Infektion oder Impfung mit 10 TCID 50 eines Wildtypvirus (SARS-CoV-2/Mensch/GBR/ 484861/2020) intranasal.“ Kurz: 36 Freiwillige Teilnehmer haben sich absichtlich und gezielt mit dem Coronavirus infiziert.

Preprint und Peer-Review-Verfahren

Preprint oder auch Vorab-Publikation beschreibt laut Definition eine wissenschaftliche Veröffentlichung, die zum einen schon einsehbar ist, aber noch nicht in einem sogenannten Peer-Review-Verfahren begutachtet wurde. Ein Peer-Review-Verfahren dient der Sicherung der Qualität einer wissenschaftlichen Arbeit durch unabhängige Gutachter aus dem entsprechenden Fachgebieten.

Wie im Bericht von Forschung und Lehre beschrieben, ist dieser Studien-Ansatz der Human-Challenge-Studien unter Medizinethikern „extrem umstritten“. Die britische Studie gilt zudem als weltweit erste dieser Art im Zusammenhang mit Corona. In der Vergangenheit wurden solche Testreihen bei Grippe- und Malaria-Impfstoffen eingesetzt. Die Teilnehmer wurden von einer Spezialeinheit des Royal Free Hospital in London überwacht.

Corona-Studie zeigt extreme Viruslast in der Nase

Noch müssen die Ergebnisse der Studie von Experten bewertet werden, aber laut den Daten soll die Inkubationsphase des Coronavirus kürzer sein als bisher angenommen. In offiziellen Bericht heißt es dazu, dass „die Viruslast (VL) steil anstieg und fünf Tage nach der Inokulation ihren Höhepunkt erreichte“.

Erste Symptome waren im Schnitt bereits zwei Tage nach der Ansteckung bei einigen Teilnehmern zu erkennen. Außerdem konnte aufgezeigt werden, dass das Virus „zuerst im Hals nachgewiesen wurde, stieg aber in der Nase auf deutlich höhere Werte an“.

Inokulation

Inokulation ist laut der Definition das Einbringen von Krankheitserregern, Gewebe, Zellmaterial in einen Organismus oder in einen Nährboden.

Und: „Lebensfähiges Virus war im Durchschnitt bis zu zehn Tage nach der Inokulation aus der Nase gewinnbar“. Damit wird mit der Studie deutlich, dass der große Teil der Viruslast aus den Nasen der Infizierten stammt und nicht wie bisher angenommen aus dem Rachen. In der Wissenschaftszeitschrift heißt es zu den Ergebnissen, dass demnach die Viruslast im Rachen „schwächer ausfiel und schneller wieder abnahm“. Die britischen Forscher sehen gerade in diesen Erkenntnissen eine ganz wesentliche Bestätigung für die Wichtigkeit der Masken – die über Mund und Nasen getragen werden müssen.

Human-Challenge-Studie: Die Folgen für die Teilnehmer

Zu den Symptomen bei den Teilnehmern wird in der Veröffentlichung zur Studie erklärt, dass „keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse“ auftraten. Außerdem berichteten 16 (89 %) infizierte Personen über leichte bis mäßige Symptome, beginnend 2-4 Tage nach der Ansteckung. Riech- oder Geruchsstörungen zeigten sich langsam bei zwölf Teilnehmern.

Die Teilnehmer wurden abschließend für mindestens 14 Tage nach einer Impfung und bis zur Erfüllung der virologischen Entlassungskriterien unter Quarantäne gestellt, mit geplanter Nachbeobachtung für ein Jahr, um anhaltende Symptome, einschließlich Geruchsstörungen und neurologische Dysfunktion, zu beurteilen.

Studie basiert auf dem Stamm-Virus: Corona-Varianten nicht einbezogen

Was der Bericht von Forscher und Lehre gut beschreibt, ist die Tatsache, dass die Human-Challenge-Studie aus England keine Ergebnisse liefern kann zu den Corona-Varianten – weder auf Omikron noch auf Delta. Es gibt aber bereits Meldungen, wonach eine weitere Studie mit Delta geplant wird. Hierbei sollen dann „Durchbruchsinfektionen herbeizuführen bei Menschen, die bereits Antikörper in sich tragen“.

Für die Wissenschaftler der Studie sind es dennoch wichtige Erkenntnisse. So wird Jonathan Van-Tam, ein medizinischer Berater der britischen Regierung im Bericht zitiert: „Aus wissenschaftlicher Sicht bieten diese Studien einen echten Vorteil, da der Zeitpunkt der Ansteckung immer genau bekannt ist und daher Dinge wie das Intervall zwischen dem Kontakt und der Art der Viruslast genau beschrieben werden können.“

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