Benzos, Xannys, Alprazolam – So gefährlich ist das beliebte Beruhigungsmittel wirklich

Sie sehen harmlos aus, haben eine beruhigende Wirkung und können vom Arzt verschrieben werden: Tabletten mit dem Wirkstoff Benzodiazepin werden immer häufiger missbräuchlich eingenommen.
„Benzos“ – so wird das derzeit immer häufiger zu Rauschzwecken missbrauchte verschreibungspflichtige Medikament umgangssprachlich genannt. Dabei handelt es sich um Tabletten mit dem Wirkstoff Benzodiazepin. Doch die Einnahme von benzodiazepin- oder auch opioidhaltiger Medikamente macht stark abhängig und kann schnell gefährlich werden.
Benzodiazepin wirkt angstlindernd und beruhigend. Vor allem Angststörungen, Erregungs-, Spannungs- und Unruhezustände sowie psychotische Symptome werden mit Benzodiazepinen medizinisch gelindert. Außerdem wird der Wirkstoff auch als Beruhigungsmittel vor operativen Eingriffen, bei epileptischen Anfällen, Tetanus und Fieberkrämpfen eingesetzt.
Benzodiazepin trotz Verschreibungspflicht leicht erhältlich
Benzodiazepin ist in Deutschland verschreibungspflichtig und erst ab 18 Jahren erhältlich. Laut „SWR“ verschreiben Ärzte derzeit verhältnismäßig oft und große Mengen an benzodiazepinhaltiger Arzneimittel. Des Weiteren würden viele Konsumenten zu mehreren Ärzten hintereinandergehen, um sich dort jedes Mal Medikamente verschreiben zu lassen. Weder die Polizei noch Ärzte hätten Möglichkeiten, die Mengen pro Person zu kontrollieren.
Doch auch illegal gibt es viele Möglichkeiten, an „Benzos“ zu kommen. Ob über verschlüsselte Messenger-Dienste, den nächsten Dealer oder gefälschte Rezepte in der Apotheke: Wer wirklich an verschreibungspflichtige Tabletten kommen will, schafft das leider auch.
Benzodiazepin: Mischkonsum kann tödlich enden
Wie der „SWR“ berichtet, führt besonders der missbräuchliche Konsum mit Benzos derzeit zu immer mehr Drogentoten in Baden-Württemberg. Im vergangenen Jahr seien 45 Menschen deswegen gestorben, was im Vergleich zu 2021 (23 Todesfälle) fast einer Verdopplung entspricht. Allgemein starben in dem Zeitraum 179 Menschen durch Drogenkonsum.
Bei den 45 Drogentoten in Zusammenhang mit Benzodiazepinen sei vor allem der Mischkonsum mit anderen Betäubungsmitteln oder Medikamenten Todesursache gewesen, wie das Landeskriminalamt (LKA) dem „SWR“ mitteilt. Benzodiazepine können in Kombination mit Alkohol oder Opioiden nämlich schnell zu Überdosierungen und einer Atemlähmung führen, die tödlich enden können.
Immer mehr Jugendliche sind abhängig von „Benzos“
Innerhalb der letzten Jahre etablierte sich unter Jugendlichen verstärkt der Konsum der „Downer-Droge“. Einfluss darauf haben besonders Rapper mit junger Zielgruppe, die vermehrt auf das Medikament und seine entspannende, glücklich machende Wirkung aufmerksam machen. Außerdem haben wohl auch die Corona-Jahre dazu beigetragen, dass viele junge Menschen, die Drogen nehmen, keine „Wachmacher“ mehr wollten, sondern auf Drogen zum „chillen“ gesetzt haben.
Laut der „GKV-Arzneimittelschnellinformation“ steigt die Menge von Benzodiazepin, das an gesetzlich krankenversicherte Jugendliche verschrieben wird, seit 2017 wieder vermehrt an. Die Dunkelziffer bei privatversicherten Jugendlichen ist nicht bekannt, ganz zu schweigen von dem illegalen Erwerb, auf den meistens zurückgegriffen wird.
So schnell machen Benzos wirklich abhängig
Benzodiazepin sollte immer nur für kurze Zeit eingenommen werden, da sich schnell eine Toleranz, psychische oder physische Abhängigkeit entwickelt. Laut Schätzungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind deutschlandweit wohl etwa 2,3 Millionen Menschen abhängig von Medikamenten, davon wohl mindestens die Hälfte von Benzodiazepin. Besonders wenn die Droge missbräuchlich, zu nicht-medizinischen Zwecken, verwendet wird, steigt die Gefahr zur Abhängigkeit.
Jedoch kann sich auch bei ärztlich verschriebenen niedrigen Dosen eine Abhängigkeit entwickeln. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Einnahme über Monate oder sogar Jahre erfolgt, da die Abhängigkeit oft erst auffällt, wenn der Alltag ohne Benzodiazepin nicht mehr zu bewältigen ist.
Nebenwirkungen der Einnahme von Benzodiazepin
Nebenwirkungen treten insbesondere bei höherer Dosierung auf. Dazu gehören laut „drugcom“ Müdigkeit, Mattheit, Benommenheit und Konzentrationsstörungen, sowie Niedergeschlagenheit und Gedächtnislücken. Zudem würden sich Störungen in den Bewegungsabläufen, Schwindel und Muskelschwäche zeigen. Weitere Nebenwirkungen seien eine langsame oder verwaschene Sprache, Sehstörungen, Übelkeit, Durchfall, Mundtrockenheit, gesteigerter Appetit, verlangsamte Atmung und Blutdruckabfall.
Bei Erkrankungen wie Störungen der Lungen- und Atemfunktion (z. B. Asthma) oder Muskelschwäche darf Benzodiazepin auf keinen Fall eingenommen werden. Besonders bei langfristiger Einnahme könne es zu gesundheitlichen Problemen wie einer gefühlsmäßigen Abstumpfung, Konzentrations- und Merkfähigkeitschwierigkeiten, körperliche Abgeschlagenheit sowie verminderte Kritikfähigkeit kommen.
Harter Entzug nach „Benzo-Sucht“
Wie bei jedem übermäßigen Konsum von süchtig machenden Stoffen gilt: je schwerer der Konsum, desto schwerer der Entzug. Bei Benzodiazepin ist besonders wichtig, dass nicht schlagartig abgesetzt werden darf und man in der Zeit dringend ärztlich überwacht werden sollte.
Oft würden die Entzugssymptome den Beschwerden, die zur Einnahme geführt haben, ähneln. Dazu zählen unter anderem Schlafstörungen, Schmerzen, Unruhe, Stimmungsschwankungen und Gereiztheit. Auch Angstgefühle, die durch „Benzos“ gedämpft wurden, können umso stärker zurückkommen und zu starken Panikattacken und Wahrnehmungsstörungen führen.