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PIMS-Syndrom: Corona-Gefahr für Kinder – darauf müssen Eltern besonders achten

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Von: Dominik Jahn

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Das PIMS-Syndrom: Mediziner sehen darin eine Erkrankung bei Kindern, die als „schwer greifbar“ ist. Ersten Symptome sind meist unauffällig.

Eine Corona-Infektion hat viele Gesichter. Bei Infizierten zeigt der Virus die unterschiedlichsten Symptome. Und gerade Kinder sind in der Pandemie stark gefährdet. Nicht nur das RS-Virus wird gerade für Kleinsten zum großen Problem*, wie echo24.de* bereits berichtet hat, auch eine direkte Folge einer vermeintlich leichten Covid-Erkrankung birgt eine tödliche Gefahr für Kinder - das PIMS-Syndrom.

Bereits im Mai 2021 haben besonders Kinderärzte auf die Corona-Gefahr PIMS verstärkt hingewiesen. In einem Bericht von ZDF heute machte unter anderem Christian Dohna-Schwake, Facharzt für Kinderheilkunde erneut auf die extrem angespannte Lage aufmerksam.

PIMS-Syndrom: Was steckt hinter der Erkrankung?

PIMS steht für Pädiatrische Inflammatorische Multiorgan. Es handelt sich bei diesem Syndrom laut der Deutschen Apotheker Zeitung um eine seltene „aber gefährliche Spätfolge einer häufig symptomlosen COVID-19-Infektion“ bei Kindern und Jugendlichen. Dohna-Schwake machte im ZDF-Beitrag aus dem November deutlich: „Die Situation ist in vielen Kinderkliniken aktuell schon sehr angespannt, weil die anderen respiratorischen Virus-Erkrankungen aktuell häufiger vorkommen als in „normalen“ Herbst-Winter-Saisons.“

Dem Bericht zur Folge ist eines von 1.000 Kindern nach einer Covid-Infektion von einer gefährlichen Überreaktion des Immunsystems betroffen, dem so genannten PIMS-Syndrom, und kann dadurch auf die Intensivstation kommen. Ob und wie eine Impfung helfen kann, wird diskutiert. Ende November hatte sich die Landesregierung von Baden-Württemberg erneut zum Thema Corona-Impfung für Kinder geäußert*. Im Gesundheitsministerium in Stuttgart* zeigte man sich gesprächsbereit bei dem Thema.

Folge einer Corona-Erkrankung bei Kindern: Die große PIMS-Gefahr

Das große Problem bei der Erkrankung mit dem PIMS-Syndrom ist die Erkennung. Gegenüber dem Portal diakoneo.de erklärt Oberarzt Dr. Ulrich Keck vom Diakoneo Diak Klinikum in Schwäbisch Hall, sie sei „schwer greifbar“, da außer hohem Fieber und dem schlechten Zustand oft weitere Symptome, zum Teil nur flüchtig und für wenige Tage vorhanden sind. Es finden sich demnach sowohl Zeichen einer viralen, wie auch einer bakteriellen Infektion.

Dr. Ulrich Keck: „Da man anfangs eine schwere bakterielle Infektion nicht ausschließen kann, erhalten die allermeisten Kinder zunächst eine antibiotische Therapie. Nach circa 5 bis 10 Tagen, ohne ersichtliche Besserung, erhalten die Kinder Immunglobuline über 12 Stunden, anschließend Cortison.“ 

 Immunglobuline

Bei  Immunglobuline handelt es sich um lebenswichtige Eiweiße, die im Blut zirkulieren und vielfältige Aufgaben erfüllen. Sie sind dabei ein wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems.

Es gibt bisher noch keine genaue Richtlinie für die entsprechende Behandlungsmethode. Es fehlt an ausreichend Daten zum PIMS-Syndrom. Daher orientieren sich die Ärzte meist an den Behandlungsleitlinien des Kawasaki-Syndroms. Beim Kawasaki-Syndrom* handelt es sich um eine Gefäßentzündung der kleinen und mittleren Arterien. Besonders bedeutsam ist die mögliche Beteiligung der Herzkranzgefäße.

Studie zum PIMS-Syndrom: Parallelen zum Hoch der Corona-Hospitalisierung

Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) hat sich mit dem Thema Pädiatrische Inflammatorische Multiorgan beschäftigt. Und diese deutsche wissenschaftliche Fachgesellschaft von Ärzten hat im Mai 2020 damit begonnen Fälle von PIMS zu erfassen und auszuwerten. Die DGPI schreibt dazu: „Seit Beginn unserer PIMS Erfassung am 27. Mai 2020 wurden bis zum 5. Dezember 2021 477 Kinder und Jugendliche gemeldet, die die von uns gewählte Falldefinition der WHO erfüllen. Eine retrospektive Erfassung war dabei möglich“.

Pädiatrie

Pädiatrie oder Kinderheilkunde ist die Lehre von der Entwicklung des kindlichen und jugendlichen Organismus. Es stehen die unterschiedlichen Erkrankungen sowie deren Behandlung und Vorbeugung im Blickpunkt.

Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie versucht laut eigener Definition „die wissenschaftlichen und praktischen Belange der pädiatrischen Infektiologie zu fördern und das Wissen über erregerbedingte Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zu erweitern und zu verbreiten“.

Es wurden PIMS-Fälle gewertet, „wenn neben Fieber, erhöhte systemische Inflammationsparameter, mindestens zwei Organbeteiligungen und Evidenz einer aktuellen (positiver SARS-CoV-2PCR- oder Antigen-Nachweis) oder sattgehabten (positive SARSS-CoV Serologie) SARS-CoV-2-Infektion oder einer SARS-CoV-2-Kontaktes nachzuweisen waren, sowie andere infektiologische Ursachen ausgeschlossen werden konnten“.

Es wurde ein PIMS-Erkrankungshöhepunkt festgestellt Ende Dezember 2020, der parallel zum Peak der COVID-19 Hospitalisierung bei Kindern und Jugendlichen aufgetreten ist. Im Gegensatz zu den Corona-Fällen sind Kinder mit PIMS allerdings älter und eher männlich. Außerdem können PIMS-Fälle seltener mit Grunderkrankungen assoziiert werden als Covid-Fälle.

Symptome von PIMS: Unscheinbare erste Anzeichen

Die ersten Symptome einer PIMS-Erkrankung sind eher unverdächtig - und daher extrem gefährlich. Von Diakoneo werden hohes Fieber über 40 Grad, Erbrechen, Durchfall genannt. Alles keine Anzeichen die auf eine schwere Folgeerkrankung von Corona hindeuten. Erst ein Corona-Antikörpertest in einer Klinik kann dem zur Folge Gewissheit bringen, ob es zum um PIMS handelt. Im Diakoneo-Beitrag erklärt Prof. Michael Schroth, Chefarzt der Pädiatrie und Neonatologie an der Cnopfschen Kinderklinik in Nürnberg: „Kinder zeigen bei Corona-Virusinfektionen oft keinerlei Symptome, trotzdem machen sie die Erkrankung durch.“

Das Immunsystem der Kinder spielt erst im Anschluss an die Corona-Erkrankung völlig verrückt: „Bei PIMS läuft das Immunsystem sozusagen Amok. Es ist ein regelrechter Entzündungssturm: Verschiedene Organe und die Blutgefäße können betroffen sein. Die Verläufe sind aber von Kind zu Kind sehr unterschiedlich.“ Erste Symptome:

Die Folgen von PIMS: Unentdeckt kann es tödlich enden

Die Folgen einer PIMS-Erkrankung können sehr schwerwiegend ausfallen. Oberarzt Dr. Ulrich Keck vom Diakoneo Diak Klinikum in Schwäbisch Hall beschreibt die Tragweite: „Im Rahmen einer Herzbeteiligung entwickeln die betroffenen Kinder eine meist leichte bis mäßige Herzmuskelschwäche, die sich auch rasch bessern kann. Komplikation entstehen jedoch in 5 bis 20 Prozent der Fälle in Form einer Aussackung der Herzkranzgefäße. Diese können im schlimmsten Fall zu einem kindlichen Herzinfarkt führen. Ob weitere chronische Organschäden möglich sind, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen“.

In einem Tagesschau-Bericht erklärt Prof. Dr. Christoph Fusch, Chefarzt der Klinik für Neugeborene, Kinder- und Jugendliche im Klinikum Nürnberg, das Vorgehen bei der Untersuchung von Kindern mit PIMS: „Es gibt Kinder, die sind sehr milde betroffen, es gibt Kinder, die sind auch richtig krank und die Gefäße verändern sich. Deswegen schauen wir in den Organsystemen nach: im Gehirn, am Herzen und müssen sehen, ob dort Veränderungen stattfinden.“

Laut dem Ärzteblatt tritt das PIMS-Syndrom in der Regel 2–8 Wochen nach einer asymptomatischen SARS-CoV-2-Infektion beziehungsweise COVID-19-Erkrankung auf. Die Deutsche Apotheker Zeitung mahnt: „Unbehandelt können die Symptome, die mit Bauchschmerzen und Fieber beginnen und bis zu schweren Herz-Kreislauf-Störungen und neurologischen Ausfällen reichen können, tödlich sein“. Beruhigend ist immerhin: PIMS ist laut zahlreicher Experten sehr gut behandelbar, etwa mit Cortison. Tödliche Verläufe wurden bisher laut DGPI nicht berichtet. *echo24.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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