Hamburg/Berlin - Juso-Chef Kevin Kühnert möchte große Firmen eigenen Worten zufolge kollektivieren. In einem „Zeit“-Interview sagte er, er wolle eine Kollektivierung von Unternehmen wie BMW „auf demokratischem Wege“ erreichen. Ohne Kollektivierung sei „eine Überwindung des Kapitalismus nicht denkbar“.
Am Beispiel des Autobauers führte er weiter aus: „Mir ist weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klingelschild von BMW „staatlicher Automobilbetrieb“ steht oder „genossenschaftlicher Automobilbetrieb“ oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in dieser Form nicht mehr braucht.“ Entscheidend sei, dass die Verteilung der Profite demokratisch kontrolliert werde. „Das schließt aus, dass es einen kapitalistischen Eigentümer dieses Betriebes gibt.“
Außerdem will Kühnert den Besitz von Immobilien in Deutschland beschränken. „Ich finde nicht, dass es ein legitimes Geschäftsmodell ist, mit dem Wohnraum anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten“, sagte er. „Konsequent zu Ende gedacht, sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt.“
Noch besser seien genossenschaftliche Lösungen, im Optimalfall gebe es überhaupt keine privaten Vermietungen mehr, sagte der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation.
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CSU-Generalsekretär Markus Blume kritisierte den Juso-Chef scharf: „Kühnert soll in die Linkspartei eintreten. Mit solchen Leuten ist kein Staat zu machen und kann eine Regierung nicht funktionieren“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die systemverändernden Sozialismus-Phantasien des Juso-Vorsitzenden seien ein schwerer Rückfall der SPD in klassenkämpferische Zeiten.
„Die SPD-Spitze muss sich deutlich von solchen Hirngespinsten distanzieren.“ Mit solchen Vorstößen mache sich die SPD lächerlich und verunsicher gleichzeitig diejenigen, die Wohnraum schaffen wollten.
Nicht nur die CSU ist not amused von Kevin Kühnerts lauten Gedankenspielen, wie man den Kapitalismus überwinden kann. Auf Twitter erzürnen sich konservative Kommentatoren, Politiker und andere User aus ganz Deutschland gleichermaßen. Führende FDP-Politiker sind freilich auch vorne mit dabei.
Die Wut und die Masse der Reaktionen ist ungewöhnlich groß für ein Statement eines Chefs einer Jugendorganisation einer Partei. So fallen gerade diese jungen Wilden doch regelmäßig mit Extrem-Positionen auf, schon allein, weil sie sich profilieren wollen und müssen. Aber offenbar ist Kevin Kühnert offenbar deutlich spannender für die Masse - oder zumindest sein Vorschlag.
Auf Twitter reichen die Reaktionen von blanker Wut bis persönlichen Angriffen (vor allem Seitens der AfD, aber nicht nur). Viele sorgen sich auch um BMW, wollen schon die neuen Modelle des Autobauers entdeckt haben:
Andere sehen Kühnerts Vorstoß als größtes Wahlgeschenk für alle anderen Parteien außer die SPD. Lob gibt es vereinzelt auch, allerdings muss man das suchen. Insgesamt macht Twitter den Eindruck, als würde gerade die halbe Bundesrepublik vor Wut vor allem rot sehen.
Ähnliche unangenehme Erfahrungen musste unlängst allerdings auch der frisch gekürte Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, machen. Er hatte eine „Gleichschaltung“ in der CDU kritisiert - und deutlichen Gegenwind zu spüren bekommen.
dpa/kmm
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