Molnupiravir: US-Professor in Sorge wegen gefährlichem Corona-Medikament

Molnupiravir: Stanford-Biologe sieht in der Zulassung einen großen Fehler und nennt mögliche Gründe für die Freigabe trotz der Gefahren.
Sie rücken immer mehr in den Vordergrund. Medikamente gegen Corona. Auch wenn noch immer die mRNA-Impfstoffen von Biontech, Moderna und der Vektorimpfstoff AstraZeneca sowie der proteinbasierte Impfstoff Novavax die Hauptmittel in der Pandemie sind, wird die Forschung nach Medikamenten immer wichtiger. Mit Molnupiravir und Paxlovid werden zwei davon derzeit häufiger genannt. Doch es hagelt heftige Kritik.
Für Molnupiravir vom US-amerikanisches Pharmaunternehmen Merck & Co. (MSD) gibt es immer wieder Gegenwind. Zwar sind die Tabletten bereits in Deutschland erhältlich, die Warnungen vor möglichen Nebenwirkungen werden dabei aber durchaus deutlicher.
Kritik an Molnupiravir: Zwei Experten warnen vor dem Corona-Medikament
Wie echo24.de bereits berichtet hat, äußerte sich zuletzt mit Urs Greber ein Professor für Molekulare Zellbiologie an der Universität Zürich kritisch zu Molnupiravir. Die Anwendung ist für ihn „mit Risiken behaftet und erhöht die Gefahr viraler Mutationen“. Er mahnt vor den gefährlichen Nebenwirkungen, die in dem Corona-Medikament stecken können.
Und auch bei Technology Review, dem Magazin für Innovation der Nachrichten-Website heise, hat sich ein weiterer Experte mit deutlichen Worten zum Produkt aus den USA geäußert. Michael Z. Lin, Associate Professor und Arzt an den Instituten für Neurobiologie und Bioingenieurwesen der Stanford University: „Es ist die am wenigsten wirksame Medikation, die wir für COVID-19 zugelassen haben – und sie birgt das größte Schadenspotenzial.“
Stanford-Professor mit heftiger Kritik an Zulassung von Molnupiravir
Das Interview nimmt Bezug zu einem Beitrag der Washington Post, in dem sich Michael Z. Lin bereits im Dezember 2021 extrem kritisch über Molnupiravir und im speziellen auch zur Zulassung in den USA zu Wort gemeldet hat. Jetzt erneuert er seine Kritik. Lin: „Meiner Meinung nach – und das ist eine Meinung, die auf einer gründlichen Analyse aller vorgelegten Daten beruht – war die Zulassung von Molnupiravir durch die amerikanische FDA ein Fehler.“
Food and Drug Administration (FDA)
Laut Definition ist FDA als US-amerikanischen Arzneimittelbehörde verantwortlich für die Zulassung, Kontrolle und Überwachung von Arzneimitteln, Impfungen und Medizinprodukten in den Vereinigten Staaten.
Ähnlich hatte sich auch Professor Urs Greber von der Universität Zürich dazu auf der Schweizer Plattform higgs.ch geäußert: „Der Entscheid des Beratergremiums hat mich sehr überrascht. Ich finde das ehrlich gesagt ziemlich unvorsichtig und nicht nachvollziehbar.“ Das Beratergremium der US-Arzneimittelbehörde FDA hatte einer Notfallzulassung für das Corona-Medikament nur mit knapper Mehrheit empfohlen: mit 13 Stimmen für eine Zulassung und zehn dagegen.
Nebenwirkungen von Molnupiravir: Experte über Mutationen
In der knappen Zulassung für Molnupiravir sieht Lin eine Gefahr für andere Länder: „Auch wenn es in den USA kaum eingesetzt wird, könnte die Zulassung dazu beigetragen haben, dass andere Länder es zugelassen haben. Eine meiner Meinung nach unverantwortliche Bewerbung sowie die Anwendung in anderen Ländern haben bereits begonnen.“
Wie auch Greber, so stellt auch der Experte der Stanford University die möglichen Nebenwirkungen gegenüber Technology Review mehr als deutlich dar: „Das Problem besteht darin, dass die Dosen, die den Patienten verabreicht werden, nicht ausreichen, um die Viren wirklich zu inaktivieren. Nach den von MSD veröffentlichten Daten werden die für die Inaktivierung der Hälfte der Viren erforderlichen Konzentrationen bei den meisten Patienten nicht einmal in der empfohlenen Dosis erreicht.“
Durch meist mangelhaften Konzentrationen für die Inaktivierung der Viren, findet laut Lin „eine gewisse Mutation statt, aber nicht genug, um das Virus schnell abzutöten“. Er kritisiert zudem, dass bisher nur der Hersteller MSD Studien durchgeführt hat. Die gewonnen Ergebnisse seien „eher dürftig“.
Schlechte Studien zu Molnupiravir: Andere Daten notwendig
Die Studien des Herstellers geben Lin zur Folge auch noch die falschen Daten wieder. Lin: „Sie haben gezeigt, dass nach fünf Tagen bei Patienten Mutationen an fünfmal mehr Stellen im Virusgenom auftreten. Aber was wir wirklich wissen müssen, ist, wie hoch der Anteil lebensfähiger Viren nach jedem Behandlungstag ist – und wie hoch die Mutationen in diesen lebensfähigen Viren sind.“
Für die Zulassung von Molnupiravir trotz all der Gefahren, führt Michael Z. Lin drei mögliche Gründe an. Der große Druck für die Zulassungsbehörden, Medikamente schnell auf den Markt zu bringen, „zweitens verlangen ihre Statuten für die Zulassung eines Medikaments nur eine gewisse Wirksamkeit und ein geringes unmittelbares Risiko für den Patienten“ und er nennt die Hoffnung der Behörden, „dass das Medikament in begrenztem Umfang und verantwortungsvoll eingesetzt wird“.
Doch genau da führt Lin auch gleich ein negatives Beispiel an in dem Interview: „Wir haben jedoch bereits erlebt, dass Hersteller von Molnupiravir-Generika in Indien für das Medikament als Allheilmittel geworben haben. Auch scheint ein ausreichendes Verständnis dafür zu fehlen, wie das Medikament in der realen Welt wahrscheinlich missbraucht werden könnte.“
Vergleichende Studie: Molnupiravir und Paxlovid
Größere Hoffnungen liegen damit auf Paxlovid. Das Corona-Medikament von Hersteller Pfizer konnte bereits in einer vergleichenden Studie mit Molnupiravir überzeugen. Noch wird es von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) im Rolling-Review-Verfahren geprüft.