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Corona-Talk bei Lanz: Kriminalkommissar wirft Seehofer „dummes Zeug“ vor

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Von: Franziska Schwarz

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Kriminalkommissar Sebastian Lanz kritisiert bei "Markus Lanz" (ZDF) die Länderchefs.
Kriminalkommissar Sebastian Lanz kritisiert bei "Markus Lanz" (ZDF) die Länderchefs. © Screenshot: ZDF Mediathek

Wie wird Horst Seehofer die erste Kriminalitätsstatistik in der Corona-Krise präsentieren? Ein Kommissar ist sich bei „Markus Lanz“ nämlich sicher: Sie wird nicht gut.

Hamburg - Ein Kriminalkommissar hat beim ZDF-Talk von Markus Lanz wegen der Corona-Krise* dem Jahr 2020 „die schlechteste polizeiliche Kriminalstatistik, die wir jemals gehabt haben“ prophezeit. „Bezogen auf ihren Aussagewert“, ergänzte Sebastian Fiedler, der neben Hamburgs Oberbürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Journalistin Kristina Dunz und dem Physik-Professor Dirk Brockmann in der Runde saß.

Zunächst ging es aber um die Corona-Demos, auf denen es teils zu Angriffen auf Journalisten* kam - ebenfalls relevant für die Statistik. Fiedler forderte in der Sendung vehement eine Abgrenzung von extremistischen Teilnehmern der sogenannten Hygiene-Demos. Demos seien zwar war „völlig legitimer Meinungsstreit, der auf der Straße ausgetragen wird“ - aber es mischten sich eben auch solche Personen darunter. „Das sehen wir hier. Das haben wir bei Pegida gesehen“, konstatiert Fiedler, und Dunz pflichtet ihm bei.

Markus Lanz (ZDF)/Corona-Talk: Kriminalkommissar kontert Tschentscher (SPD)

Lanz will bei Fiedler, der auch Bereitschaftspolizist ist, nachfühlen: „Es ist ja wahnsinnig undankbar, wenn man für Entscheidungen gerade stehen muss, die gar nicht im eigenen Bereich lagen - aber man muss es umsetzen und den Leuten erklären.“ Fiedler gibt sich sachlich: „In unserer DNA liegt, dass wir einen Eid auf die Verfassung geschworen haben, und daher ist Versammlungsfreiheit für uns ein hohes Gut.“ Er achte nur darauf, was für Teilnehmer sich unter die Proteste mischten.

Als Tschentscher das politische Vorgehen bei den Corona-Auflagen* erläutert, gerät Fiedler sichtlich in Bewegung. Je einschneidender die Maßnahmen*, desto kürzer lege man ihre Dauer fest, „damit wir immer wieder begründen, warum wir bestimmte Regelungen aufrecht erhalten müssen“, so der SPD-Politiker. Fiedler verweist auf den deutschen Föderalismus, als er einwirft: „Und da hilft es uns nicht wirklich, dass wir 16 verschiedene Debatten haben.“ Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) habe schon lange vor der Corona-Pandemie eine Bundeszuständigkeit für „derartige Situationen“ gefordert.

Markus Lanz (ZDF)/Corona-Talk: „Signifikante Auswirkungen“ auf polizeiliche Statistik

Ein weiterer Punkt, der Fiedler besonders in der Corona-Krise wurmt, ist der Umgang der Politik mit der polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Bei schwer zu überwachenden Verbrechen wie Wirtschaftskriminalität, Korruption oder Umweltkriminalität könne die Polizei davon nur „weit unter zehn Prozent“ sehen. 

Und an dem Punkt wettert Fiedler gegen die Eitelkeit von Politikern: „Sie können mal meinen Ruhepuls messen, wenn Herr Seehofer die polizeiliche Kriminalitätsstatistik vorstellt und erklärt, wir seien so ein sicheres Land. Das ist schlicht und ergreifend dummes Zeug, weil er diese Aussage differenzierter treffen müsste.“ Nicht nur Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) meint er. Von allen Innenministern der Länder höre man hier „immer die gleichen Sätze“.

Deutschland sei eines der sichersten Länder der Welt, räumt Fiedler ein, aber die Statistik sei eben nur der „Arbeitsnachweis der Polizei“. Sein Vorschlag zur Güte: „Periodische Sicherheitsberichte“, um die „Dunkelfelder“ besser in den Griff zu bekommen. Auf welche übrigens die Corona-Krise „signifikante Auswirkungen“ haben werde, ist sich Fiedler gewiss. Diese Sicherheitsberichte stünden „schon längst“ im Koalitionsvertrag und das Bundeskriminalamt (BKA) beschäftige sich aktuell mit der Idee, fährt er fort.

Markus Lanz (ZDF)/Corona-Talk: Moderator lacht bei Grenzschließungs-Anekdote

Erfreuliche Ausblicke gibt es in dieser Corona-Talk-Runde zumindest von Brockmann, der von einer von ihm mitentwickelten Datenspende-App berichtet, die mithilfe von Fitness-Trackern eine Echtzeit-Fieberkarte für Deutschland erstellt. Bislang habe man 52.000 freiwillige Teilnehmer bei dem Projekt, das im Kampf gegen die Pandemie helfen soll. Ein halbes Prozent der Bevölkerung Deutschlands. „Das ist zwar keine repräsentative Stichprobe - es ist aber ein Baustein“, zeigt sich Brockmann zufrieden.

Beim Thema Grenzschließungen* kommt die Runde nicht zu wirklich neuen Erkenntnissen - aber immerhin zu einem Witz. Fiedler berichtet von einem Einkaufszentrum auf der Grenze von Luxemburg zu Belgien. „Wenn die Leute zum Eingang wollen, müssen sie über belgisches Territorium fahren - und zahlen dann Strafe!“, erzählt er. Lanz prustet los: „Wunderbar!“

In der Lanz-Sendung vom 9. Juni diskutierten Karl Lauterbach und Serap Güler über Schulöffnungen während der Corona-Pandemie.

Drei Wochen später attackierte Klimaaktivistin Luisa Neubauer den CDU-Politiker Friedrich Merz in der Klimapolitik. Streit gibt es allerdings auch um eine von Horst Seehofer abgesagte Rassismus-Studie bei der Polizei.

frs

*Merkur.de und tz.de sind Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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