Kommentar zum Klimakleber-Flug nach Bali: Das ist das wahre Problem der „Letzten Generation“
Den anderen wollen sie das Autofahren verbieten, um das Klima zu schonen. Selbst hinterlassen sie einen riesigen ökologischen Fußabdruck. Rund um die Klima-Aktivisten ist eine Scheinheilig-Debatte entbrannt.
Klar ist es widersprüchlich: Kürzlich blockieren zwei Klimakleber-Aktivisten der „Letzten Generation“ die B10, predigen das Sparen von Energie zugunsten der Umwelt. Autofahren und jeder Langstrecken-Flug gelten als verwerflich. Doch als es in dieser Woche darum geht, sich vor dem Amtsgericht in der Landeshauptstadt Stuttgart für die Blockaden-Nötigung zu verantworten, erscheint das Paar nicht. Wegen einer Langstrecken-Flugreise ins knapp 12.000 Kilometer entfernte Bali war man verhindert. Urlaub statt Zurückhaltung?!
Klimaschutz sieht offenbar anders aus. Sachdienliche Argumentation aber auch. Es ist ein Riesen-Fehler, mit dem Finger auf zwei inkonsequente Individuum aus der Klimakleber-Szene zu zeigen, die einen Langstrecken-Flug nach Bali unternehmen und über sie zu richten, während gleichzeitig aus Bequemlichkeit und Festhalten am Althergebrachten jeden Tag Millionen Tonnen CO2 in die Luft geblasen werden. Es ist sicher nicht der Fehler des Pärchens, dass der Ausbau erneuerbarer Energien zu langsam vorankommt.
Klimakleber-Flug nach Bali: Gleichzeitig geht Klimawandel weiter
Das Problem in der Debatte rund um die Klimakleber, die „Letzte Generation“, Langstreckenflüge und den Urlaub in Bali ist nicht, dass Einzelne mutmaßlich Wasser predigen und Wein trinken, sondern dass das Insektensterben sich massiv auf die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln auswirkt. Auch der Lebensraum wird durch Überschwemmungen wegen schmelzenden Polareises knapper. Die Erde verwandelt sich mit jeder Stunde mehr vom Paradies in eine Müllhalde oder Aschelandschaft. Mordor statt Garten Eden.
In eine ähnliche Kerbe schlägt die Häme gegen „Fridays-for-Future“-Aktivisitin Luisa Neubauer: Sie sei ein verwöhntes „Klima-Kid“, könne es sich leisten, nicht konventionell zu arbeiten, da sie aus einer Hamburger Millionärs-Familie stammt. Um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, fliegt sie durch die Welt. Wer sich über „Langstrecken-Luisa“ lustig macht, verfängt sich in ähnlichen Scheinargumenten wie der Fleischfan, der sich über den Veganer lustig macht, der mit dem SUV zum Bioladen fährt.
Klimakleber: Diskussion um „Letzte Generation“ muss sachlicher werden
Perfektion ist wünschenswert, aber im Gegensatz zu einer Debatte, die sich dem Thema Klimawandel, den Klimaklebern und der „Letzten Generation“ sachlich zuwendet, schwer zu erreichen. Sicher: Mit dem SUV zum Bioladen ist nicht komplett vorbildlich. Aber umweltbewusster, als mit dem SUV zum Zentner-Fleischkauf beim Discounter zu fahren. Wer über andere vermeintliche Klimasünder richtet, sollte sich fragen, ob die Tragweite der Problematik bei ihm schon angekommen ist.