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Ein Grüner in Uniform: Özdemir erntet nach Bundeswehr-Besuch Spott

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Von: Florian Naumann

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Die beiden Mitglieder des Bundestages
Cem Özdemir und sein Fraktionskollege Tobias Lindner zu Besuch bei der Bundeswehr. © Bundeswehr / Katrin Hanske

Die Grünen wollen mehrheitsfähig sein - und lassen alte Grundsätze hinter sich. Cem Özdemir hat nun die Bundeswehr besucht. Und erntet Spott und Kritik.

Update vom 20. Juni 2019: Nach seinem Besuch bei der Bundeswehr legt Cem Özdemir nach: Die Grünen könnten aus Sicht ihres früheren Parteichefs auch die Minister für Verteidigung oder Inneres stellen. „Wir Grünen haben inzwischen die Scheu verloren vor Ressorts, die sich um Fragen der Sicherheit kümmern“, sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag der „Tageszeitung“ („Taz“/Freitag). Es gebe „nichts, was gegen eine grüne Verteidigungsministerin spräche“.

Auf Nachfrage signalisierte der Baden-Württemberger Özdemir Bereitschaft, selbst Minister zu werden: „Ich werde mein Gewicht gerne für die Partei in die Waagschale werfen, wenn uns das als Grüne nützt“, sagte er. „Das letzte Mal hat es einer verlindnert, das ist ja bekanntlich nicht an mir gescheitert.“

Erstmeldung: Ein Grüner in Uniform: Özdemir erntet nach Bundeswehr-Besuch Spott

Munster - Lange galten die Grünen als zutiefst pazifistische Partei - diese Zeiten sind spätestens seit dem Bundeswehr-Einsatz im Kosovo unter dem Grünen Außenminister Joschka Fischer 1998 passé. Kürzlich wurde ein Bundeswehrsoldat von zwei Unbekannten in Berlin angegriffen.

Dennoch ist ein Foto, das die Bundeswehr am Mittwoch über ihre offiziellen Kanäle verbreitete, ein ungewöhnlicher Anblick: Es zeigt das Grünen-Aushängeschild Cem Özdemir im Flecktarn der Armee. In der Bildunterschrift ist zu lesen, Özdemir und sein Fraktionskollege Tobias Lindner hätten sich „zwischen den Soldaten sichtlich wohlgefühlt“. Und die Aufnahme spricht zumindest keine deutlich andere Sprache.

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Ein Grüner in Bundeswehr-Uniform: Özdemir bei der „Schießausbildung“ - Negative Kommentare auf Instagram

Der Hintergrund des Fotos: Özdemir und Lindner haben die Bundeswehr am Truppenübungsplatz Munster besucht - just an jenem Ort, an dem es 2017 bei einer Übung zu einem tragischen Todesfall gekommen war. Dort hielt das Heer nun eine „Dienstliche Veranstaltung für zivilie Führungskräfte ab“. Bestandteile des Tages: Schießausbildung, Orientierungsübung, Begegnung mit Kampf- und Schützenpanzern - alles unter, so heißt es, „straffem Ablauf und militärischer Ordnung“.

Darüber, ob ein Abgeordneter der aufstrebenden Öko-Partei in eine Armee-Uniform gehört, gingen die Meinungen im Netz auseinander. Özdemir selbst erklärte auf Instagram: „Ein Grüner bei der Bundeswehr – passt das zusammen? Ich finde: Ja.“ Das Posting wurde dort allerdings tagelang diskutiert - Kommentare wie „Wie schade!“, „du bist so zum ...“ und „halten die Leopardpanzer eigentlich die Grenzwerte ein?“ inklusive.

In dasselbe Horn stieß auch der Satiriker und EU-Abgeordnete Martin Sonneborn (PARTEI). „Liebe militäraffine Kollegen von @Die_Gruenen, eine Studie der Brown University zeigt, dass der CO2-Ausstoß allein des US-Militärs 2017 größer war als der ganzer Industriestaaten“, twitterte Sonneborn unter Verweis auf die Klimabilanzen Dänemarks und Schwedens - und fügte einen „FriedensbewegungsSmiley“ an. 

Özdemir bei der Bundeswehr: So erklärt der Grüne seinen Besuch

Özdemir erklärte die Gründe für die Teilnahme laut Bundeswehr mit folgenden Worten: „Ich entscheide im Bundestag auch über die Mandate und damit die Teilnahme der Bundeswehr an Einsätzen. Deshalb möchte ich ein bisschen mehr über die wissen, die wir in die ganze Welt schicken.“

Dass just Özdemir und Lindner an dem Termin teilnahmen, scheint kein Zufall zu sein. Bereits zuvor hatten die beiden Parlamentarier einen Gastartikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung geschrieben, in dem sie erklärten, „warum grüne Außenpolitik die Bundeswehr braucht“. Man sei sich bewusst, dass „nicht nur Handeln, sondern auch Nicht-Handeln Konsequenzen hat“, hieß es darin unter Verweis auf das Eingreifen der Alliierten beim vor kurzem begangenen „D-Day“.

Cem Özdemir war wieder bei Sandra Maischberger: Darum überlegt er sich zweimal, ob er in Berlin in einem Taxi fährt.

Özdemir nach Bundeswehr-Besuch: Lob für Gastgeber - und Spott für Scheuer 

Später lobte der Grüne auch noch einmal seine Gastgeber: „Es ist eine völlig andere Welt, die uns hier gezeigt wird. Ein tolles Programm, sehr positive Eindrücke. Die Teilnahme an dieser Veranstaltung kann ich nur empfehlen.“ Am Mittwoch ergriff übrigens auch Özdemir schon wieder harte Worte auf Twitter - und spottete über den Maut-Fehlschlag der CSU. „Die #PkwMaut der @CSU ist die vielleicht teuerste Stammtischparole der Welt. Zumindest solange Trump seine Mauer nicht bauen kann“, erklärte er.

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat über seine Zeit als Verteidigungsminister gesprochen – und dabei mit Angela Merkel abgerechnet. Anders als in preußischen Zeiten ist das Militär in Berlin kaum sichtbar - umso mehr Beachtung erhielten Soldaten nun bei einem Marsch mitten durch die Hauptstadt. Die Bundeswehr-Kommandeure sollen bei Ausrüstungsmängeln selbst tätig werden. Deshalb wird ihnen einem Bericht zufolge eine Geldsumme zur Verfügung gestellt.

Weiteren Spott dürfte es für die Bundeswehr nun wegen neuen Kampfjets geben. Die alten werden ab Mitte des kommenden Jahrzehnts in der Instandhaltung zu teuer - doch so wie es scheint, ist Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gezwungen, die neuen Flieger in den USA zu kaufen. Unterdessen hat sich Özdemir auch zu einem möglichen Tempolimit geäußert. Die Grünen wollen darüber im Bundestag abstimmen lassen. Kommt die Begrenzung auf 130 Kilometer pro Stunde?

fn

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