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CureVac gegen Biontech: Warum die Klage jetzt eingereicht wurde

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Von: Dominik Jahn

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Curevac in Tübingen
CureVac: Exklusive Einblicke - neuer Impfstoff-Versuch, Vorteile, Aussichten © dpa/Bernd Weissbrod

CureVac gegen Biontech: Das Tübinger Biotech-Unternehmen sieht finanzielle Lage nicht als Grund für die Klage.

Jetzt geht‘s vor Gericht. Wie das Tübinger Biotech-Unternehmen CureVac am Dienstag offiziell mitteilte, hat man „beim Landgericht Düsseldorf Klage gegen die BioNTech SE und zwei ihrer Tochterunternehmen eingereicht“. Zuletzt machte CureVac Schlagzeilen, als es vom deutschen Staat den Zuschlag für einen Millionen-Deal erhalten hatte, um zusammen mit anderen Pharmakonzernen die Impfstoffversorgung bis ins Jahr 2029 zu sichern, wie echo24.de ausführlich berichtet hatte.

CureVac erklärt Zeitpunkt der Klage gegen Biontech

Update vom 6. Juli: Nach der Klage von CureVac gegen Biontech blieb die Frage zunächst offen, warum das Tübinger Biotech-Unternehmen erst jetzt mit dieser vor Gericht geht. Gegenüber echo24.de hat sich der Impfstoff-Hersteller nun zu den Gründen des Zeitpunkts geäußert.

Wie eine Unternehmenssprecherin erklärt, habe man die Klage gegen Biontech bewusst erst so spät eingereicht: „Zum Höhepunkt der Corona-Krise hatten andere Dinge Priorität – insbesondere die schnellstmögliche Entwicklung und zur Verfügungstellung wirksamer Impfstoffe.“ Jetzt aber, erläutert die Sprecherin, „ist der richtige Zeitpunkt, die Angelegenheit abschließend juristisch zu klären“.  Basis der Klage ist demnach das geltende Patentrecht und seine Anwendung.

Nach Klage gegen Biontech: CureVac bestreitet finanziellen Hintergrund

Dass die Forderung „eine faire Entschädigung“ zu bekommen, im Zusammenhang steht mit massiven finanziellen Einbußen nach der Impfstoff-Pleite im ersten Anlauf, bestreitet das Biotech-Unternehmen. Immerhin könnte CureVac ein Milliarden-Betrag zustehen. Die Unternehmenssprecherin macht deutlich: „Die Klage hat mit der finanziellen Lage des Unternehmens nichts zu tun. Diese ist nach wie vor gut.“

Nicht dazu passen jedoch die Meldungen aus dem ersten Quartal des Jahres 2022 rund um Millionen-Verluste. So berichtete unter anderem das Handelsblatt über fehlende „kommerzielle Erlöse“, wohingegen Konkurrent Biontech laut Beitrag dank hoher Covid-Impfstofferlöse im vorigen Jahr fast 19 Milliarden Euro Umsatz und 15 Milliarden Euro Gewinn vor Steuern erzielte.

CureVac-Klage als Geldbringer: Handelsblatt-Bericht über Umsatzverluste

Dem Handelsblatt-Bericht zufolge weist CureVac für 2021 einen Umsatz „von 103 Millionen Euro und einen Vorsteuerverlust von 412 Millionen Euro aus, nach einem Fehlbetrag von 130 Millionen Euro im Vorjahr“. Der Impfstoff-Flop soll sich zudem auf „die finanziellen Reserven des Unternehmens“ auswirken. Dazu heißt es: „Der Cash-Verbrauch lag im vierten Quartal bei etwa 240 Millionen Euro und dürfte sich im Gesamtjahr bei etwa einer Milliarde Euro bewegt haben“. Die Cash-Reserven sollen Ende 2021 „auf 812 Millionen Euro“ gesunken sein.

Von Seiten des Biotechunternehmens CureVac sieht man sich in den Aussagen gegenüber unserer Redaktion dagegen gut aufgestellt: „CureVac hat ein breites und sich kontinuierlich erweiterndes Portfolio an Patenten. Unser Ziel ist es, unseren Beitrag zu der schnellen und erfolgreichen Entwicklung von Comirnaty® sichtbar zu machen und hierfür eine faire Vergütung zu erhalten.“

Und auch das Handelsblatt schreibt über eine Stellungnahme von CureVac-Finanzvorstand Pierre Kemula zum vierten Quartal, in der dieser positiv über die Zukunft spricht: „Wir glauben, dass unsere solide Cash-Position zum Jahresende 2021 eine gute Grundlage bietet, um unsere Prioritäten im Jahr 2022 umzusetzen.“ Geholfen haben dürfte dabei auch die Zusage zum Millionen-Deal mit dem deutschen Staat – der zudem 2020 mit rund 300 Millionen Euro bei CureVac als einer der größten Anteilseigner eingestiegen ist – für die Impfstoffversorgung bis ins Jahr 2029.

CureVac verklagt Biontech wegen Corona-Impfstoff: Mögliche Milliarden-Forderung

Erstmeldung vom 5. Juli: Die Forderung laut CureVac, ist „eine faire Entschädigung für die Verletzung einer Reihe der geistigen Eigentumsrechten“. Mit der Klage könnten bei dem Tübinger Unternehmen durchaus Milliarden auf dem Konto landen. Und damit Geld, was bisher fehlt. Nach dem Impfstoff-Flop im ersten Anlauf, mit dem Rückzug des Zulassungsantrags aufgrund zu schwacher Ergebnisse, sieht es noch immer nicht gut aus.

Curevac mit Millionen-Verlusten nach Impfstoff-Flop

Erst im Mai 2022 berichtete unter anderem das Nachrichtenmagazin Focus über die Millionen-Verluste von CureVac. Dazu heißt es in dem Bericht: „Das Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac kämpft weiterhin mit den Kosten seines fehlgeschlagenen Corona-Impfstoffs aus dem vergangenen Jahr“. Das Unternehmen wolle sich demnach darauf konzentrieren, „die Kosten weiter zu kontrollieren“.

Um welche geistigen Eigentumsrechte geht es?

Wie aus der Mitteilung von CureVac hervorgeht, handelt es sich um die geistigen Eigentumsrechte EP 1 857 122 B1, DE 20 2015 009 961 U1, DE 20 2021 003 575 U1 und DE 20 2015 009 974 U1, die bei der Herstellung und dem Verkauf von Comirnaty®, dem mRNA-COVID-19-Impfstoff von BioNTech und Pfizer, verwendet wurden.

Der Focus schreibt zu den finanziellen Schwierigkeiten: „Der Verlust vor Steuern belief sich demnach im ersten Quartal 2022 auf 15,2 Millionen Euro (2021: 112,2 Millionen Euro). Der Umsatz stieg auf 24,4 Millionen Euro, was einem Plus von 14,4 Millionen Euro im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2021 entspricht“.

CureVac klagt und will Biontech aber nicht an der Impfstoff-Produktion hindern

Und jetzt die Klage gegen Biontech. Laut eigener Angaben strebt CureVac „jedoch keine einstweilige Verfügung an und beabsichtigt auch nicht, rechtliche Schritte einzuleiten, die die Produktion, den Verkauf oder den Vertrieb von Comirnaty® durch BioNTech und seinen Partner Pfizer behindern könnten“.

Weiter heißt es in dem offiziellen Schreiben: „Das Portfolio des geistigen Eigentums von CureVac schützt mehrere Erfindungen, die für das Design und die Entwicklung unter anderem der SARS CoV-2 mRNA-Impfstoffe von BioNTech als wesentlich angesehen werden“. Es gehe dabei insbesondere um die „technische Herstellung von mRNA-Molekülen einschließlich Sequenzmodifikationen zur Erhöhung der Stabilität und zur Verbesserung der Proteinexpression sowie die mRNA-Impfstoffformulierung, die für SARS-CoV-2-Impfstoffe spezifisch sind“. Es steht also Impfstoff-Technologie-Klau im Raum. Und auch einem weiteren Hersteller könnte eine Klage drohen.

CureVac-Klage auch gegen Moderna?

Wie der Focus in seinem aktuellen Bericht zur CureVac-Klage schreibt, könnte es auch noch das US-Unternehmen Moderna treffen. Nach Angaben des Nachrichtenportals hatte CureVac-Boss Franz Werner Haas gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Andeutungen gemacht, die weiter Maßnahmen vermuten lassen: „Auch wenn die bisherigen Impfstoffe vielleicht kein Curevac-Logo tragen, basieren sie doch zu großen Teilen auf mRNA-Technologien, die wir seit dem Jahr 2000 entwickelt haben.“

CureVac hofft weiter auf Corona-Impfstoff-Erfolg

Die Arbeit an einem neuen Corona-Impfstoff von CureVac geht weiter. Im Februar hatte sich das Unternehmen auf echo24.de-Nachfrage zu den Folgen der ersten Impfstoff-Pleite und dem zweiten Versuch geäußert. Dabei sah man im Scheitern durchaus auch Vorteile.

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