Wegen Korruptionsvorwürfen: Anklage gegen Netanjahu erhoben - der wehrt sich mit schwerem Vorwurf
Benjamin Netanjahu ist wegen Korruptionsvorwürfen angeklagt worden. Damit könnte das Ende der Polit-Karriere des israelischen Regierungschefs bevorstehen. Der spricht von einem „versuchten Putsch“.
- Benjamin Netanjahu ist wegen Korruptionsvorwürfen angeklagt worden.
- Der israelischen Regierungschef spricht von einem „versuchten Putsch“.
- Auch bei der Regierungsbildung kassierte Netanjahu einen Rückschlag.
Update von 20.18 Uhr: Benjamin Netanjahu kritisiert die Korruptionsanklagen scharf. Diese seien ein „versuchter Putsch“ gegen einen Regierungschef, sagte Israels rechtskonservativer Ministerpräsident. Er respektiere die Justizbehörden, aber man „muss blind sein, um nicht zu sehen, dass etwas Schlechtes bei der Polizei und im Büro der Staatsanwaltschaft vor sich geht“. Ziel der Ermittlungen sei gewesen, eine rechte Regierung zu stürzen.
Netanjahu wegen Korruption angeklagt: Israels Regierungschef werden Bestechung, Betrug und Untreue vorgeworfen
Erstmeldung vom 21. November 2019, 19.16 Uhr:
Jerusalem - Nach jahrelangen Ermittlungen ist der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu angeklagt worden. Der Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit habe Anklage wegen Bestechung, Betrugs und Untreue erhoben, teilte das Justizministerium am Donnerstag mit.
Die Nachricht platzte in das zähe Ringen um eine neue Regierung: Präsident Reuven Rivlin hatte wenige Stunden zuvor erstmals in der Geschichte des Landes das Parlament mit der Suche nach einem mehrheitsfähigen Ministerpräsidenten beauftragt.
Netanjahu wegen Korruption angeklagt: Anwälte haben Mitteilung zugesendet bekommen
Generalstaatsanwalt Mandelblit habe entschieden, Anklage gegen Netanjahu zu erheben, teilte des Justizministerium mit. Eine Mitteilung darüber und eine Kopie der Anklagepunkte seien an die Anwälte des Regierungschefs geschickt worden.
Netanjahu ist der erste amtierende Regierungschefs Israels, der unter Anklage steht. Generalstaatsanwalt Mandelblit will seine Entscheidung am Abend öffentlich begründen. Es wird erwartet, dass Netanjahu ebenfalls eine Stellungnahme abgibt. Er könnte das Parlament darum bitten, ihn durch Immunität vor einer Strafverfolgung zu schützen.
Netanjahu wegen Korruption angeklagt: Vorwürfe in Besek-Affäre wiegen besonders schwer
Gegen den langjährigen Regierungschef wiegen am schwersten die Vorwürfe in der sogenannten Besek-Affäre: Netanjahu wird beschuldigt, der Telekommunikationsfirma Besek Gefälligkeiten im Gegenzug für eine positive Berichterstattung in der zu dem Konzern gehörenden Nachrichtenwebsite "Walla" gewährt zu haben.
Weitere Vorwürfe beziehen sich auf Luxusgeschenke im Wert von tausenden Dollar, die Netanjahu und seine Angehörigen von reichen Persönlichkeiten im Gegenzug für finanzielle und persönliche Vorteile angenommen haben sollen. Netanjahu weist alle Vorwürfe zurück.
Netanjahu wegen Korruption angeklagt: Rücktritt erst bei rechtskräftiger Verurteilung zwingend
Trotz der Anklage muss Netanjahu, der seit der vorgezogenen Parlamentswahl im September noch geschäftsführend das Amt des Ministerpräsidenten ausübt, nicht zurücktreten. Ein Rücktritt wäre erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung zwingend.
In Israel wird seit fast einem Jahr um eine neue Regierung gerungen. Auch aus der jüngsten Parlamentswahl war erneut kein klarer Sieger hervorgegangen: Weder die rechtsgerichtete Likud-Partei von Netanjahu noch die Mitte-Rechts-Liste Blau-Weiß seines Rivalen Benny Gantz hatte sich eine Mehrheit gesichert.
Netanjahu wegen Korruption angeklagt: Polit-Karriere könnte vor dem Ende stehen
Da weder Netanjahu noch Gantz bisher eine Regierung bilden konnten, beauftragte Präsident Rivlin das Parlament mit der Suche nach einem neuen Ministerpräsidenten. Die 120 Abgeordneten der Knesset haben bis zum 11. Dezember Zeit, einen Kandidaten zu finden, der von mindestens 61 Parlamentariern unterstützt wird.
Bislang galten auch für dieses Prozedere Netanjahu und Gantz als die aussichtsreichsten Kandidaten. Netanjahus Rückhalt im Parlament könnte nun aber schwinden. Seine jahrzehntelange Polit-Karriere könnte durch die Anklage beendet sein.
Erst vor wenigen Tagen gab es bei israelischen Raketenangriffen auf Syrien 14 Todesopfer zu beklagen. Überraschend erklärte die USA den israelischen Siedlungsbau für legal - die EU reagiert umgehend.
afp