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Neuer Name für Stuttgarter Schleyer-Halle? Vorschlag sorgt für Furore

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Von: Jason Blaschke

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Ein Linksbündnis im Stuttgarter Gemeinderat will die Hanns-Martin-Schleyer-Halle umbenennen. Sohn Jörg Schleyer geht deshalb auf das Linksbündnis los, das schlägt prompt zurück.

Stuttgart: Linksbündnis fordert neuen Namen für die Hanns-Martin-Schleyer-Halle

Update vom 11. Juni: Viele Straßen und Gebäude in Stuttgart tragen Namen von Personen mit historischer Bedeutung. Doch manchmal stehen die Namensgeber in der Kritik. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die betreffenden Personen zu Lebzeiten ein grausames Regime unterstützt haben oder an gewaltsamen Verbrechen beteiligt waren. Oft geht es hier um Verbindungen zum Nationalsozialismus.

Ein Linksbündnis im Stuttgarter Gemeinderat fordert jetzt eine Untersuchungskommission, die sich intensiv mit fragwürdigen Straßen- und Gebäudenamen ist Stuttgart auseinandersetzt. Eines dieser fragwürdigen Gebäude ist die Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Bad Cannstatt. Grund: Der ehemalige Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin-Schleyer war SS-Offizier im Dritten Reich.

Stuttgart: Schleyer-Sohn geht auf linke Politiker los und bekommt die Ohrfeige zurück

Sohn Jörg Schleyer kann es nicht fassen, dass das Erbe seines Vaters ausgelöscht wird. Er bezeichnet die linken Politiker als "Erben des SED-Unrechtsstaates", die das Gedenken an Hanns Martin Schleyer beschädigen. Jörg Schleyer: Es sei eine Schande, dass die, "die den Terroristen in der DDR Zuflucht gegeben und sie auch noch unterstützt haben, jetzt einen solchen Antrag stellen".

Der stellvertretende Stuttgarter Bezirksbeirat Martin Eickhoff hält die Äußerungen von Jörg Schleyer für Unsinn. Eickhoff: "Jörg Schleyer solle sich lieber mit der eigenen Familiengeschichte kritisch auseinandersetzen, statt blind auf linke Menschen eindreschen." Eickhoff betont in seiner Stellungnahme Hanns Martin Schleyers fragwürdige Vergangenheit, die schon im Nationalsozialismus begann.

Straßennamen-Debatte im Stuttgarter Gemeinderat: Linksbündnis fordert Aufklärung

Update vom 10. Juni: Ein Linksbündnis im Stuttgarter Gemeinderat setzt sich für eine Aufarbeitung der Straßennamen ein. Hintergrund ist, dass einige Straßen der Landeshauptstadt die Namen von Menschen tragen, die möglicherweise grausamste Verbrechen verübt haben. Die Rede ist von Unterstützern des Naziregimes oder führenden Personen im brutalen Kolonialismus der Deutschen in Südafrika.

Im Visier des Linksbündnisses ist unter anderem die Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart-Bad Cannstatt. Grund: Der frühere Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer war SS-Offizier im Dritten Reich. Als Schleyer am 5. September 1977 von RAF-Terroristen entführt wurde, gingen die Bilder seines Martyriums um die Welt. 43 Tage war Schleyer in der Gewalt der Terroristen, die ihn am 18. Oktober 1977 schließlich ermordeten.

Schleyer-Halle in Stuttgart: Namensgeber sei "alter Nationalsozialist und SS-Führer"

Hanns Martin Schleyer werde vielfach als "alter Nationalsozialist und SS-Führer" bezeichnet, heißt es in der Stellungnahme des Stuttgarter Linksbündnisses im Gemeinderat. Die dubiose Vergangenheit seines Vaters berücksichtige Jörg Schleyer in seiner Attacke nicht.

Stattdessen konzentriere er sich auf die DDR und versuche aus dem Tod seines Vaters Kapital zu schlagen, um persönlich gut dazustehen, heißt es vom Stuttgarter Linksbündnis zum ehemaligen NSDAP-Mitglied Hanns Martin Schleyer, der unter anderem in der Hitlerjugend und später in der SS war.

Neuer Name für die Schleyer-Halle? Linksbündnis macht schon einen Vorschlag

Eickhoff begrüßt es deshalb umso mehr, dass das Stuttgarter Linksbündnis eine Untersuchungskommission für fragwürdige Straßen- und Gebäudenamen in Stuttgart einsetzen will. Insbesondere für die Schleyer-Halle wäre laut Eickhoff ein anderer Name passender.

Ein Vorschlag aus dem Stuttgarter Linksbündnis ist, die Halle nach Walter Häbich zu benennen. Häbich war ein Kommunist, der in der Weimarer Republik mehrfach Opfer faschistischen Terrors wurde und 1934 im KZ grausam ermordet wurde. Eickhoff: "Dieser habe es mehr verdient, als Hanns Martin Schleyer."

Stuttgart: Schleyer-Sohn geht auf Linksbündnis im Gemeinderat los

Und jetzt wollen Stuttgarter Gemeinderäte das Schleyer-Andenken auslöschen. Sohn Jörg Schleyer kann das nicht fassen und geht massiv auf das Linksbündnis los, das die Schleyer-Halle aus dem Straßennamensverzeichnis womöglich streichen möchte. Jörg Schleyer: "Ausgerechnet die Erben des SED-Unrechtsstaates beschädigen das Andenken meines Vaters."

Es sei eine Schande, dass die, "die den Terroristen in der DDR Zuflucht gegeben und sie auch noch unterstützt haben, jetzt einen solchen Antrag stellen." Zudem habe Hanns Martin Schleyer ein gutes Verhältnis zu Israel gehabt, berichtet die Bild -Zeitung zur Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart, die womöglich in einen anderen Namen umbenannt wird.

Ähnlich wie das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und der Kurt-Georg-Kiesinger-Platz in Stuttgart. Jörg Schleyer in der Bild: "Mein Vater war auch Ehrensenator der Universität von Tel Aviv. Es ist unsäglich, ihn jetzt mit Nazi-Verbrechen in Verbindung zu bringen. Sie wollen das Andenken von jemandem vernichten, der für diesen Staat gelitten und gestorben ist. Das ist schändlich!"

Stuttgart: Linksbündnis will Straßennamen genauer unter die Lupe nehmen

Erstmeldung vom 9. Juni: Auch in Stuttgart ehren Namen etlicher bekannter Personen die Straßenschilder, Plätze und Hallen. Doch teils sind es eben Namen von Personen, die in der Vergangenheit grausame Regime unterstützt haben. Die Rede ist hier oft von Anhängern der Nationalsozialisten. Aber auch Menschen, die zum Beispiel an der grausamen Kolonialherrschaft der Deutschen in Südafrika beteiligt waren.

Das will ein Linksbündnis um die Linke, das Bürgerbündnis SÖS, die Piraten und die Tierschutzpartei im Stuttgarter Gemeinderat nicht hinnehmen - und fordert die Bildung einer Untersuchungskommission. Die Kommission soll anschließend einen intensiven Blick auf die Straßen-, Plätze- und Gebäudenamen der Stadt Stuttgart werfen. Ziel: Alle Straßennamen mit Bezügen zu grausamen Regimen sollen ersetzt werden.

Stuttgart: Straßennamen-Aufarbeitung - Ein Projekt aus der vergangener Zeit

Dass Straßennamen abgeändert werden, ist in Stuttgart nichts Neues. Grund: Immer wieder werden Straßen umbenannt, weil die betreffenden Personen grausamen Verbrechen nahestanden. Ein Beispiel dafür ist die im Jahr 2008 umbenannte Leutweinstraße, die jetzt Obertürkheim am Weinberg heißt.

Hintergrund ist, dass Theodor Leutwein maßgeblich an der kolonialen Unterdrückung Namibias durch das damalige Deutsche Reich beteiligt gewesen war. Gleiches Spiel übrigens auch am Hindenburgbau, der gegenüber des Stuttgarter Hauptbahnhofs liegt.

Das besondere hier: Der Hindenburgbau ist seit 2010 namenlos, da bisher wohl kein "Ersatzname" gefunden worden ist. Der Namensgeber, Paul von Hindenburg, ernannte Adolf Hitler im Jahr 1933 zum Reichskanzler und ebnete damit den Weg zu dessen Schreckensherrschaft.

Straßennamen-Aufarbeitung in Stuttgart: Porsche und Schleyer in der Kritik

Stuttgart: Straßennamen im Gemeinderat - Streit um Porsche und Schleyer
Einige Straßennamen in der Landeshauptstadt erinnern an grauenhafte Verbrechen. Ein Linksbündnis im Stuttgarter Gemeinderat will das jetzt ändern. © Pixabay

Für die Antragsteller der Untersuchungskommission im Stuttgarter Gemeinderat ist die Aufarbeitung der Straßennamen in Stuttgart aber noch lange nicht beendet. Im Visier des Linksbündnisses stehen vor allem folgende Institutionen, Straßen und Plätze:

Dazu schreibt das Linksbündnis: "Dass die Abänderungen der Namen zu kontroversen Diskussionen führen kann, ist uns bewusst." Gerade "die Rolle von Ferdinand Porsche in der NS-Zeit oder die NS-Vergangenheit von Hanns-Martin-Schleyer – das wird unterschiedliche Reaktionen hervorrufen".

Stuttgart: Erste Entscheidung zu Porsche-Straßennamen steht

Auch unter diesem Gesichtspunkt entschied sich der Stuttgarter Gemeinderat, die Straßennamen Porschestraße und Porscheplatz zu belassen. Begründung: Sowohl Straße als auch Platz erinnern nicht an Personen, sondern an das Unternehmen. Die Firma ist mit dafür verantwortlich, dass "Stuttgart weltweit als bedeutender Unternehmensstandort gilt", heißt es dazu von der Stadt.

Zudem ist die Umbenennung von Porscheplatz in Ferry-Porsche-Platz im Hinblick auf dessen Vergangenheit bewusst unterlassen worden, berichtet die Stuttgarter Zeitung zu Straßennamen in der Landeshauptstadt. Der Stuttgarter Stadtrat Luigi Pantisano (Linke) glaubt an den Erfolg des Antrags, den das Linksbündnis im Gemeinderat vorgelegt hat.

Straßennamen-Debatte im Stuttgarter Gemeinderat: Aussicht auf Erfolg?

Pantisano: "Vor allem, weil wir ja keine explizite Umbenennung, sondern erst einmal eine Untersuchungskommission zur Aufarbeitung wollen." Bestärkt wird das Linksbündnis durch die Tatsache, dass ähnliche Anträge in der Vergangenheit vom Stuttgarter Gemeindeantrag bewilligt worden sind. Dazu zählt auch der Antrag zur Aufarbeitung der kolonialen Stadtgeschichte vor knapp einem halben Jahr.

Fraglich bleibt allerdings, ob der Stuttgarter Gemeinderat angesichts der Coronavirus-Pandemie in Baden-Württemberg überhaupt Zeit findet, sich mit den Straßennamen zu befassen. Denn Themen wie der Stuttgarter Einzelhandel in der Coronavirus-Zeit oder Schulen und Unterricht werden in den nächsten Wochen noch einiges an Aufmerksamkeit vom Stuttgarter Gemeinderat fordern.

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