Lidl als Discounter Nummer eins: Darum muss Aldi um den Anschluss kämpfen

Aldi scheinbar abgehängt von Discounter-Konkurrent Lidl? Ein Wirtschaftsexperte äußert sich zu entscheidenden Fehlern.
Der Markt für Lebensmittel ist hart umkämpft. Gerade die Discounter-Riesen Aldi und die Konkurrenz Lidl aus dem Hause der Schwarz-Gruppe mit Sitz in Neckarsulm entfachen bei Kunden scheinbar immer wieder eine Glaubensfrage. Beide können sich trotz aktueller Preiserhöhungen zu den Gewinnern in der Krise zählen, wie echo24.de bereits berichtet hat. Und dennoch verliert Aldi an Boden.
Und der Rückstand auf den Discounter-Gigant Lidl wächst scheinbar im Eiltempo. Gründe für den Aldi-Niedergang nennt das Manager Magazin in einem seiner Berichte. Doch es scheint auch Pläne zur Rettung des Lebensmittelriesen zu geben.
Lidl an Discounter-Spitze: Aldi muss „zurück zu den Basics“
Ein ganz wesentlicher Faktor für den Einbruch von Aldi sei laut dem Bericht der Wandel im Auftreten. Milliardenschwere Erneuerungen sollen dabei verpufft sein und der Discounter habe dadurch sein einstiges Profil verloren. Im Beitrag kommt mit Dieter Brandes ein Ex-Manager von Aldi Nord zu Wort. Brandes benennt Fehler: „Aldi hat sich dramatisch verändert. Das ist der Weg vom einstmals exzellenten zu einem gewöhnlichen Unternehmen, einem Unternehmen auf dem Weg zum Supermarkt.“
Was der Ex-Aldi-Manager damit meint, Aldi wandelt sich vom Discounter mit günstigen Artikeln zum Supermarkt mit Markenprodukten. Im Jahr 2016 kam es zu diesem Strategiewechsel. Jetzt kommt die Rolle Rückwärts. Gegenüber dem Manager Magazin erklärt Kommunikationschef Florian Scholbeck: „Wir müssen zurück zu den Basics“.
Aldi Süd sieht sich aber bei Eigenprodukten gut aufgestellt
Bei Aldi Süd sieht man sich aber gerade bei den Eigenmarken von Aldi besonders gut aufgestellt. Auf echo24.de-Nachfrage sieht man dort gerade die eigenen Produkte als Teil der Aldi-DNA: „90 Prozent unseres Sortiments besteht aus Marken, die exklusiv nur bei Aldi erhältlich sind.“
Die Zahlen sprechen in jedem Fall gegen den einstigen Kurswechsel. Laut Manager Magazin ist Aldi „zwar international noch auf Wachstumskurs, aber auf dem wichtigen deutschen Markt abgehängt“. Ein Umstand, der für Aldi Nord und Süd gleichermaßen gelte.
Lidl überholt Aldi: Führung im Discounter-Wettkampf dreht sich
Ein Bericht im Handelsblatt aus dem September 2021 bringt das Aldi-Dilemma ans Licht. Bei der Lidl-Stiftung ist der Umsatz im Geschäftsjahr 2020/2021 von 56,8 Milliarden Euro auf 62,3 Milliarden Euro gestiegen. Dazu gab es dem Beitrag zufolge im Bereich der Flächenproduktivität einen Machtwechsel: Lidl zog an Aldi Süd vorbei.
Der Retail Real Estate Report der Hahn Gruppe weist für den Discounter-Giganten Lidl für 2020 „einen Bruttoumsatz von 9.570 Euro pro Quadratmeter“ aus. Aldi Süd kommt hier nur noch auf 8.964 Euro pro Quadratmeter. Dabei galt Aldi bis dahin immer als produktivster Händler in Deutschland.
Aldi-Absturz: Experte nennt Gründe für die Probleme des Discounters
Aldi hat den Anschluss verpasst. Der einstige Discounter-König lässt viel Wachstum liegen. Gegenüber dem Technikmagazin Chip erklärt Peter Kenning, Wirtschaftswissenschaftler an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, die Problematik: „Meiner Meinung nach ist es Aldi nicht gut genug gelungen, im Ausland sowie durch Zukäufe anderer Händler zu wachsen.“
Er sieht darin auch Auswirkungen auf das Deutschland-Geschäft von Aldi. So könnten größere Unternehmen deutlich günstiger einkaufen. Und der Fachmann nennt weitere Faktoren für den Aldi-Absturz: „Supermärkte wie Rewe und Edeka, aber auch Erzrivale Lidl, senden schon lange TV-Werbespots, die ihnen eine klare Identität verschaffen.“ Aldi hat damit erst 2016 begonnen – und ist damit Schlusslicht.
Kampf um Discounter-Ranking: Lidl hängt Aldi auch digital ab
Auch den Schritt hin zur Digitalisierung scheint Aldi im Vergleich zu Lidl verspätet erkannt zu haben. Der Chip-Bericht nennt hier die mangelnde Erfahrung im Online-Handel. Aus dem Artikel des Manager Magazins geht zudem hervor, dass dem Lebensmittelunternehmen schlichtweg der Mut gefehlt haben soll Dinge zu probieren und diese im Zweifel eben auch wieder zu verändern.
Erst 2017 wurde „Aldi liefert“ ins Leben gerufen. Der Online-Shop erzielte einen Umsatz von rund 100 Millionen Euro. Lidl holt sich dagegen über den Online-Handel das Zehnfache in die Kassen.
Aldi kann auch profitieren: Lidl nicht unendlich enteilt
Ein Untergang von Aldi ist bei all den Meldungen aber nicht zu erwarten. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur spricht Handelsexperte Frank Küver vom Marktforschungsunternehmen NielsenIQ von einer großen Chance: „In den nächsten Jahren wird der Preis beim Einkauf wieder eine viel größere Bedeutung haben.“ Küver sieht durch den Krieg in der Ukraine demnach ein „Wachstums-Comeback der Discounter“. Günstige Preise seien grundsätzlich „ihre Kernkompetenz.“