Energiesparen wird jetzt zur Pflicht: Diese Regeln gelten ab September
Das Bundeskabinett hat Beschlüsse zur Sicherung der Energieversorgung veröffentlicht. Die Maßnahmen zum Energiesparen gelten ab dem 1. September.
Die Lage auf den Energiemärkten ist weiterhin angespannt, die Angst vor einer potenziellen Notfallsituation im bevorstehenden Winter – der immer näher rückt – ist sowohl bei privaten Verbrauchern als auch Unternehmen allgegenwärtig. Der noch immer bestehende völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine verschärft die Situation drastisch. Bereits am 30. März 2022 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Frühwarnstufe ausgerufen. Im Juni 2022 folgte die Alarmstufe in Verbindung mit dem Notfallplan Gas.
Da nicht davon auszugehen ist, dass sich die Situation in naher Zukunft verbessern wird und die Lieferungen sogar noch weiter gedrosselt werden könnten, legt die Bundesregierung nun eine Reihe von Energie-Sparmaßnahmen vor. Die sollen ab September umgesetzt werden, um einer Gasmangellage weitestgehend vorzubeugen und betreffen Privathaushalte, Firmen sowie öffentliche Einrichtungen. echo24.de berichtete bereits über die Verbotsentwürfe für den Herbst zum Energiesparen. Auch Kaufland, Lidl und Rewe wollen sparen – und knipsen deshalb die Beleuchtung aus, wie RUHR24 berichtet.
Neue Vorgaben zum Energiesparen ab 1. September – darauf müssen sich Verbraucher einstellen
Der erste Beschluss gilt vom 1. September 2022 bis zum 28. Februar 2023. Er regelt kurzfristige Maßnahmen zur Energieeinsparung für Privathaushalte sowie öffentliche Gebäude und Unternehmen. Neben diesen Sparmaßnahmen müssen viele Gas- und Stromkunden sich ab Oktober trotz der Senkung der Mehrwertsteuer außerdem auf kräftige Preissteigerungen einstellen. echo24.de gibt Tipps, wie Verbraucher Strom- und Heizkosten sparen können.

Diese Sparmaßnahmen gelten ab 1. September in Privathaushalten
- Vorgaben zur Einhaltung von Mindesttemperaturen entfallen: In vielen Mietverträgen gibt es Vereinbarungen, die Mieter dazu verpflichten, bestimmte Mindesttemperaturen zu gewährleisten. Diese Vorgaben entfallen für den Zeitraum der Verordnung vollständig. Mieter dürfen also weniger heizen, um Energie zu sparen. Regelungen zum angemessenen Heizen und Lüften gelten allerdings weiterhin, um in Mietwohnungen potenzielle Schäden aufgrund der Energiesparmaßnahmen zu vermeiden.
- Private Schwimm- und Badebecken dürfen nicht mehr mit Strom oder Gas beheizt werden. Die Regel gilt für Außen- und Innenbereiche. Sie kann ausgesetzt werden, wenn die Beheizung zwingend für therapeutische Anwendungen benötigt wird.
Laut Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, verfolgt die Bundesregierung damit „konsequent ihre Politik, um von russischen Energielieferungen unabhängig zu werden.“ Ziel sei es, „deutlich mehr Gas einzusparen: in der öffentlichen Verwaltung, in Unternehmen, in möglichst vielen Privathaushalten“.
So soll ab 1. September in öffentlichen Gebäuden Energie gespart werden
Im Arbeitsschutzgesetz gibt es bereits Regeln zu Temperaturen in Arbeitsstätten. Der Mindestwert wurde nun auf öffentliche Gebäude ausgeweitet und zudem um ein Grad reduziert. Auch für die Temperatur von Trinkwasser und die rein kosmetische Außenbeleuchtung von öffentlichen Gebäuden gibt die Regierung folgende neue Regelungen heraus:
- Beheizen von Gemeinschaftsflächen ist untersagt: Alle öffentlichen Räume, die nicht zum Aufenthalt von Personen gedacht sind, dürfen künftig nicht mehr beheizt werden. Ausgenommen sind Räumlichkeiten, die Technik, Gegenstände oder Stoffe enthalten, welche geheizt werden müssen.
- Neue Vorgaben für Temperatur-Höchstwerte in Arbeitsräumen: Öffentliche Arbeitgeber haben künftig dafür Sorge zu tragen, dass in Arbeitsräumen, abhängig von der Beschäftigung, folgende Höchstwerte für die Lufttemperatur nicht durch Heizanlagen überschritten werden. Dabei bewegen sich die Vorgaben zwischen 19 Grad Celsius für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit bis 12 Grad Celsius für körperlich schwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen. Für die Höchstwerte gelten Ausnahmen.
- Temperaturbeschränkung von Trinkwasser: Durchlauferhitzer oder dezentrale Warmwasserspeicher müssen zukünftig abgeschaltet werden, wenn sie überwiegend zum Händewaschen vorgesehen sind. Sollte die Technik aus hygienischen Gründen erforderlich sein, kann von der Abschaltung zeitlich begrenzt oder ganz abgesehen werden.
Von den Regeln ausgenommen sind medizinische Einrichtungen, Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten sowie Einrichtungen, bei denen aus gesundheitlichen Gründen die Aufrechterhaltung bestimmter Lufttemperaturen vonnöten ist. Gleiches gilt, wenn die Bereitstellung von warmem Trinkwasser für die bestimmungsgemäße Nutzung oder den Betrieb des Gebäudes erforderlich ist.
„Wir stehen vor einer nationalen Kraftanstrengung. Jeder Beitrag zählt.“
Zudem wird die Gebäudebeleuchtung untersagt. Abgesehen von Sicherheits- und Notbeleuchtung müssen alle Beleuchtungen abgeschaltet werden, die dazu dienen, Gebäude und Baudenkmäler von außen anzustrahlen – wie zum Beispiel die Klöster Lorch und Bebenhausen in Baden-Württemberg. Nicht von der Regel betroffen sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten sowie die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit. Auch Beleuchtung zur Abwehr anderer Gefahren, die nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann, ist erlaubt.
Diese Energie-Sparmaßnahmen gelten ab 1. September in Unternehmen
Im Laufe dieses Jahres müssen sich auch Unternehmen an neue Vorgaben halten, mit denen der Energieverbrauch reduziert werden soll. „Es braucht ein starkes Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, von Bund, Ländern, Kommunen, Sozialpartnern, Gewerkschaften, Handwerk und Verbänden sowie der Zivilgesellschaft.“, so Habeck. In Arbeitsräumen und im Einzelhandel sowie Gebäudeinhaber ist ab 1. September Folgendes zu beachten:
- Informationspflicht über Preissteigerungen: Spätestens bis zum 31. Dezember 2022 müssen Gasversorger sowie Inhaber größerer Wohngebäude alle Mieter und Kunden darüber informiert haben, wie hoch der zu erwartende Energieverbrauch sein wird. Außerdem soll über potenzielle Kosten und Einsparmöglichkeiten informiert werden.
- Dauerhaftes Offenhalten von Eingängen im Einzelhandel ist untersagt. Voraussetzung dafür ist, dass durch die Öffnung Heizwärme verloren gehen kann und die Öffnungsfunktion nicht als Fluchtweg erforderlich ist.
- Verbot von Werbeanlagen-Beleuchtung: Von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages ist es untersagt, beleuchtete Werbeanlagen zu betreiben. Es sei denn, sie ist zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich.
- Temperatur-Höchstwerte in Arbeitsräumen: Für Arbeitsräume in Unternehmen gelten die gleichen zuvor genannten Höchsttemperatur-Vorgaben wie in öffentlichen Gebäuden.
Mittelfristige Maßnahmen für Energiekosteneinsparungen in den kommenden zwei Jahren
Auch für den Zeitraum nach der ersten Verordnung wurden bereits Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich getroffen. Weitere Maßnahmen treten für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Oktober 2022 in Kraft und sollen Energiekosteneinsparungen in Höhe von 10,8 Milliarden Euro bewirken. Sie betreffen vor allem Hauseigentümer und Wirtschaftsunternehmen.
Hauseigentümer, die mit Erdgas heizen, werden beispielsweise dazu verpflichtet, eine Heizungsprüfung sowie eine potenziell daraus resultierende Optimierung der Heizungsanlage durchführen zu lassen. Diese Prüfung muss von fachkundigem Personal durchgeführt werden. Zudem müssen Gaszentralheizungssysteme hydraulisch abgeglichen werden.
Unternehmen werden außerdem dazu verpflichtet, verschiedene Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen und nachzuweisen. Mit der Voraussetzung, dass deren Gesamtenergieverbrauch innerhalb der letzten drei Jahre im Durchschnitt weniger als 10 Gigawattstunden pro Jahr betrug.