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Gasumlage auf dem Prüfstand – laut Lindner sind „Korrekturen möglich“

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Von: Julia Cuprakowa

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Nach anhaltender Kritik hat Wirtschaftsminister Habeck angeregt, den Empfängerkreis der Gasumlage zu überprüfen. Finanzminister Lindner zeigte sich ebenfalls offen für mögliche Nachbesserungen.

Milliarden für Unternehmen, die nicht in Not sind? Angesichts der Kritik an der Gasumlage hat sich Bundesfinanzminister Christian Lindner offen für mögliche Nachbesserungen gezeigt. „Eine Maßnahme der Solidarität kann nicht dazu dienen, dass einzelne Unternehmen ihre Rendite pflegen und Gewinne darauf machen“, sagte der FDP-Chef in der ZDF-Sendung Maybrit Illner.

Aber welche Maßnahmen könnten ergriffen werden, damit Firmen, die nicht auf die Gasumlage angewiesen sind und vor allem nicht auch noch davon profitieren? „Das müsse man sich genau ansehen“, erklärte Lindner. Er kenne die Fakten nicht, das kenne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) viel besser.

„Aber wenn es eine Notwendigkeit gibt, etwas zu verändern, um dieses Instrument zielgenauer zu machen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren, dann scheuen wir uns nicht vor Korrekturen.“ Und Korrektur-Vorschläge vonseiten der FDP, SPD und der Grünen gibt es wohl genügend, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet.

Gasumlage in der Kritik – Verbraucher sollen zahlen und Energiesystem vor Kollaps bewahren

Bisher hält die Bundesregierung an der Umlage fest, die ab Herbst für deutliche Preissteigerungen bei den Gaskunden sorgt und das trotz Senkung der Mehrwertsteuer. Mit der Umlage sollen durch die Drosselung russischer Gaslieferungen stark erhöhte Beschaffungskosten von Großimporteuren wie Uniper ausgeglichen werden, um diese vor der Pleite und das deutsche Energiesystem vor dem Kollaps zu bewahren. Alle Gaskunden sollen dafür zusätzlich 2,4 Cent pro Kilowattstunde bezahlen, Privathaushalte ebenso wie Firmen. Etwa die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland wird mit Gas beheizt.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Ich kann den Ärger verstehen, es geht aber nur ein kleiner Teil der Umlage an Unternehmen, die das nicht wirklich benötigen, um eine Insolvenz abzuwenden. Ich bin mir sicher, dass mit künftigen Gesetzesnovellen für mehr Transparenz gesorgt werden kann. Aber ich glaube, die Umlage ist zielgenauer als ihr Ruf, auch wenn das so bisher nicht offen nachvollziehbar ist.“ Und tatsächlich wollen erste Unternehmen auf die Gasumlage verzichten.

Erste Unternehmen verzichten auf die Gasumlage

Wie die dpa weiter berichtet, haben RWE und Shell bereits erklärt, Verluste selbst tragen zu wollen. Diesem Beispiel könnten nun andere folgen: Ein Sprecher des österreichischen Energiekonzerns OMV sagte, die deutsche Tochter habe Ausgleichsansprüche als Gasimporteur bekannt gegeben. „Ob und in welcher Höhe Ansprüche bestehen und ob diese in Anspruch genommen werden, hängt von weiteren Prüfungen und Entscheidungen ab.“

Diese Unternehmen erzielten Überschuss:

OMV hat im ersten Halbjahr Milliardengewinne gemacht. Einen Überschuss erzielten etwa auch der Schweizer Energiehändler Axpo und der deutsche Energiekonzern EnBW, dessen Tochter VNG einen finanziellen Ausgleich durch die Umlage will. Wie echo24.de bereits berichtete, erhöht EnBW – trotz Überschuss – die Strompreise um fast ein Drittel.

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat nach dem Verzicht von RWE auch anderen Unternehmen dazu geraten. „Es wäre auch vernünftig, wenn Unternehmen, die gute Gewinne machen, das tun“, sagte der Grünen-Politiker. Doch wieso dürfen die Unternehmen, die auf die Gasumlage nicht angewiesen sind, überhaupt einen Antrag auf Unterstützung stellen?

Wegen der Rechtsgleichheit sehe das Gesetz vor, dass alle Unternehmen ihren russischen Gasanspruch geltend machen könnten. „Wir sehen aber natürlich auch, wie viel Trittbrettfahrer es jetzt gibt. So war es natürlich nicht unmittelbar mitgemeint.“ Die Menge sei nicht besonders groß. „Aber wir prüfen noch einmal, ob man außer der Anfrage ‚Ist das nun wirklich nötig?‘ nicht auch nochmal eine Regelung findet, die es diesen Unternehmen schwerer macht“, erklärte Habeck. Doch wie könnte so eine Regelung aussehen?

Die Grünen schlagen eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne vor

Auch die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang in Berlin empfindet das Verhalten der Trittbrettfahrer ungerecht. Allerdings sei es rechtlich ziemlich schwierig, die Datenlage nur auf einzelne Unternehmen, die systemrelevant oder insolvenzbedroht seien, zu beschränken. Daher brauche es nun politische Lösungen, sagte Lang – und bekräftigte ihre Forderung nach einer Übergewinnsteuer für Energiekonzerne. Das aber dürfte mit dem Koalitionspartner FDP nicht zu machen sein.

Die Bundesregierung hat eine Verordnung zum Energiesparen beschlossen. Robert Habeck und sein Ministerium teilten die Maßnahmen mit.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat nach dem Verzicht von RWE auch anderen Unternehmen dazu geraten. „Es wäre auch vernünftig, wenn Unternehmen, die gute Gewinne machen, das tun“, sagte der Grünen-Politiker. (Symbolbild) © Michael Kappeler/dpa

Die FDP wiederum forderte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu Nachbesserungen auf. Wie genau diese Nachbesserungen aber aussehen sollen, dazu äußert sich die FDP laut dpa nicht.

SPD schlägt Einsatz von Steuergeldern statt Gasumlage vor

Auch die SPD sieht die Gasumlage kritisch und macht entsprechende Vorschläge: „Die SPD Fraktion wird darauf drängen, dass nur Anträge auf finanzielle Entlastung von den Unternehmen erfolgreich sein können, die durch die aktuelle Preisentwicklung in ihrer Existenz bedroht sind“, sagte Fraktionsvize Matthias Miersch. „Das muss sichergestellt sein.“

Nicht umsonst habe der Bundestag im Energiesicherungsgesetz ein zweimonatiges Interventionsrecht des Parlaments verankert. „Zugleich ergeben sich Fragen, inwieweit wir alternative Wege der Entlastung für diese Unternehmen gehen können – jenseits einer Umlage, wie durch den Einsatz von Steuergeldern.“

Diesen Weg über Steuergelder wollte die Bundesregierung aber bisher auch unter Verweis auf knapper werden Haushaltsmittel nicht gehen. Für welchen Weg sich die Bundesregierung letztendlich entscheiden wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Wenn die Gasumlage von Menschen in Deutschland getragen werden soll, dürfen Trittbrettfahrer nicht davon profitieren.

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