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Spediteure warnen vor AdBlue-Mangel – mit drastischen Konsequenzen

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Von: Julia Cuprakowa

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Die Güterlogistik schlägt Alarm, weil sie einen Mangel beim Dieselzusatz AdBlue fürchtet. Und das könnte weitreichende Konsequenzen haben. Die Bundesregierung sieht allerdings aktuell kein Problem.

Drohen leere Supermarktregale und leere Baustellen? Nach dem Produktionsstopp bei SKW, einem der größten deutschen AdBlue-Hersteller, fürchtet insbesondere die Transportbranche massive Konsequenzen und läuft bei der Bundesregierung Sturm. An dem Zusatz hängen unter anderem die Transportunternehmen, die Lebensmittelbranche, der Individualverkehr und das Handwerk, betonte der Bundesverband Gütertransport und Logistik (BGL) am Donnerstag (8. September). Die Regierung sieht allerdings keine echte Mangellage.

Droht AdBlue-Mangel? Produzenten seien „systemrelevant“ – alternative Beschaffung schwierig

Der BGL fordert finanzielle Hilfe für die deutschen Produktionsstätten. Denn die Produzenten seien „systemrelevant“, sagte BGL-Hauptgeschäftsführer Dirk Engelhardt. Bei SKW in Wittenberg wird der Dieselzusatz allerdings seit etwa zwei Wochen nicht mehr produziert. Das liegt vor allem an den aktuellen Gaspreisen, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Der SKW würde an jedem Produktionstag große Verluste einfahren, erklärte ein Unternehmenssprecher.

Was ist das AdBlue?

Die Harnstofflösung AdBlue wird bei der Abgasnachbehandlung von Dieselmotoren eingesetzt und bewirkt eine Verringerung der ausgestoßenen Stickoxide um bis zu 90 Prozent. Nahezu jeder Lastwagen der Speditions-, Logistik und Transportbranche in Deutschland fährt laut BGL mit Diesel. (Quelle: dpa)

Eine alternative Beschaffung bei einer drohenden AdBlue-Mangellage sei schwierig, erklärt Engelhardt. Der Kraftstoffzusatz sei schwer aus dem Ausland zu importieren. „Überall in Europa stehen die Werke still.“ Außerdem fehlten die Transportkapazitäten, um die benötigten Mengen zu transportieren. Der AdBlue-Verbrauch der Lkw auf deutschen Straßen liegt laut BGL bei etwa 5 Millionen Litern pro Tag.

Bundesregierung sieht keine Mangellage bei AdBlue

Die Bundesregierung hält die Darstellung des Verbandes für etwas überspitzt. „Eine echte Mangellage konnten wir noch nicht feststellen“, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Man wisse um die energie- und gasintensive Produktion und beobachte die Entwicklung genau. Bei einem Mangel werde die Regierung Maßnahmen treffen, die „diesen wichtigen Stoff weiter zur Verfügung halten“, erklärt der Sprecher weiter.

Adblue-Mangel: Experten warnen vor leeren Supermarktregalen.
Adblue-Mangel: Experten warnen vor leeren Supermarktregalen. (Symbolbild) © Swen Pförtner/dpa

Außerdem gebe es sehr wohl Importmöglichkeiten, so der Sprecher. Man müsse also die Situation bei SKW von der Gesamtversorgungslage trennen. Den Produzenten stehen bereits Liquiditätsprogramme (finanzielle Unterstützung) der Bundesregierung zur Verfügung, erklärte der Sprecher des Ministeriums. Diese Programme müssten jetzt ausgeweitet, spezifiziert und fokussiert werden. „Im Rahmen dessen werden auch die Betriebe, die AdBlue herstellen, davon profitieren können.“

Nur SKW von Mangellage betroffen? BASF produziert uneingeschränkt weiter

Bei SKW ist die Produktion von Ammoniak, Harnstoff und AdBlue aneinander gekoppelt, wie ein Sprecher des Unternehmens erklärte. Da die Düngemittelproduktion wegen der aktuellen Gaspreise Verluste machen würde, wurde die Produktion abgestellt. Bei AdBlue seien die Preise zuletzt zwar so stark gestiegen, dass dessen Produktion rentabel sei, sagte der Sprecher. Allerdings könne der Kraftstoffzusatz nicht separat hergestellt werden, berichtet die dpa weiter.

Neben SKW gehören auch BASF und Yara zur Riege der großen Hersteller von AdBlue in Deutschland. Beim Chemiekonzern BASF läuft nach eigenen Angaben die AdBlue-Produktion weiterhin uneingeschränkt. Eine Unternehmenssprecherin sprach jedoch von einem „herausforderndem Marktumfeld“.

Darum befindet sich SKW in einer Notlage

Doch warum stoppt SKW die Herstellung, während BASF weiter produziert? Das könnte mit den finanziellen Rahmenbedingungen zu tun haben: „BASF ist ein global agierender Konzer“, sagte der SKW-Sprecher. „Wenn wir so tiefe Taschen wie BASF hätten, könnten wir womöglich auch produzieren.“ BASF erwirtschaftete 2021 einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von knapp 8 Milliarden Euro. SKW setzte laut dem letzten veröffentlichten Jahresabschluss im Jahr 2020 etwa 500 Millionen Euro um.

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