VW Touareg: Ein Volkswagen, aber für das gehobene Volk

Der VW Touareg ist ein Allrad-SUV, der äußersten Komfort verspricht. Was er sonst noch zu bieten hat, konnten wir im Praxistest überprüfen.
Stärkere Turbos, ein fetteres Drehmoment und noch mehr Pferdchen unter der Haube als ein texanischer Pferdezüchter auf der Koppel. Lange kannte die Automobilbranche nur diesen Trend. Und die skurrile Gruppierung "Fridays für Hubraum" versucht das "Höher, schneller, weiter" auch noch über die Zeit zu retten. Dabei kann weniger auch mehr sein. Auch bei den schwer in die Kritik geratenen SUV's. Muss es wirklich der gerade eben vorgestellte neue V8-Diesel im Touareg sein, der mit 421 PS das gewaltige Drehmoment von 900 Nm entwickelt und den 2,3 Tonner nach 4,9 Sekunden über Tempo 100 katapultiert? Oder tut es auch der kleine Selbstzünder mit 231 PS?
VW Touareg: Was ist besser - weniger oder mehr PS?
Natürlich könnte man jetzt die Frage stellen. Von wegen nur 231 PS – was soll da bitte klein sein? Berechtigt ist diese Skepsis allemal. Allerdings gibt es zu bedenken, dass alle modernen Autos – und zwar nicht nur SUV's – mit Gewichtsproblemen zu kämpfen haben. Immer mehr Sicherheit, und Komfort lassen den Materialspeck deutlich anwachsen. Und Gewicht will bewegt werden. Weniger PS ist trotzdem manchmal mehr. Auf den neuen Touareg trifft das im Alltagstest voll und ganz zu. Schmalbrüstig ist der V-6-Diesel mit seinen drei Litern Hubraum schon grundsätzlich nicht. 500 Nm Drehmoment schieben gewaltig an. So richtig ins Galoppieren kommen die Pferde jedoch erst ab 2000 Umdrehungen, darunter ist eher gemütlicher Trab angesagt. Aber wenn es mal läuft, dann läufts. 7,5 Sekunden von 0 auf 100 sind ja auch nicht zu verachten. Im ganz normalen Betrieb in und um die chronisch verstopften deutschen Städte und deren Umland reicht das aber auch völlig aus.
Luxus pur - das macht sich auch im Preis bemerkbar
Denn beim Touareg geht es um ganz andere Werte. Zwar kann der Allrad-SUV auch Gelände (Wattiefe 490 mm, Steigungen bis 60 Prozent), aber eigentlich ist er mehr eine höher gelegte Luxus-Limousine mit all den Annehmlichkeiten, die man schätzt, wenn man über das nötige Geld verfügt. Denn ab knapp über 60.000 Euro Euro Basispreis ist der Touareg im oberen Segment angesiedelt. Eher ein Volkswagen fürs gehobene Volk.
Und so fährt sich der Edel-SUV auch. Ein Diwan auf vier Rädern, besonders komfortabel natürlich mit der Luftfederung, die preislich ebenfalls in luftigen Höhen angesiedelt ist. Macht knapp über 7.000 Euro extra, dafür gibt es aber noch Allradlenkung oben drauf und die aktive Wankstabilisierung, die im wahrsten Sinn des Wortes das Wanken, also die Seitenneigung der hochbeinigen Karosserie in den Kurven, verhindert.
Und auch das Interieur erinnert mehr an einen britischen Herrenklub als an ein Produkt aus dem Hause Volkswagen zu Hannover. Gediegene Materialien, gedämpfter Luxus, bequeme Sessel. Am liebsten würde man die Hausschuhe anziehen und die Füße hochlegen. Geht aber nicht, weil das autonome Fahren, das derartig lässige Gemütlichkeit möglich machen könnte, leider noch nicht so weit ist. Teilautonom ist der Touareg dafür ziemlich zuverlässig unterwegs. Tempomat, Abstandshalter, Spurhalteassistent – mit diesem Trio kann man entspannt auf den Straßen kreuzen. Die Hände sollten dabei allerdings mit einem festen Griff am Lenkrad sein, wie wir bei der Probefahrt festgestellt haben.

Denn sonst schlägt das System nach 30 Sekunden erstmalig Alarm, dann noch einmal. Wenn alles nichts hilft, wird der Gurt gestraft und ruckartig angebremst. Wer tatsächlich eingeschlafen ist, sollte dann zumindest wach sein. Wenn der Fahrer dann immer noch nicht reagiert, geht das System von einem ernsten Problem aus, und schaltet auf den Notfallmodus um. Heißt: Warnblinkanlage rein, langsames Runterbremsen bis zum Stillstand. Auf der Autobahn steuert der Touareg sogar den Pannenstreifen an.
Aber zurück zum Wohnzimmer-Feeling im Touareg. Das wird durch den extrem großen Zentralbildschirm, über den sich von der Klimaanlage bis hin zu Radio oder Telefon alles in schönster Übersichtlichkeit regeln lässt. Hier könnte man auch wunderbar seine Lieblingsserie sehen. Noch ist das natürlich verboten, auch hier hoffen wir zum wiederholten Mal auf die Segnungen der Zukunft in Form des vollautonomen Fahrens.
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Wie viel Platz bietet der VW Touareg?
Platz hat der Touareg mehr als genug. Auch das zählt zum Komfort. Kein Wunder ist der Brummer aus Wolfsburg mit seinen knapp fünf Metern Länge und annähernd zwei Metern Breite fast so groß wie ein VW-Multivan. Und so ist auch der Kofferraum mit seinen 810 bis 1800 Litern üppig dimensioniert. Und auch das Beladen ist eine feine Sache. Wer die Luftfederung bestellt hat, kann seinen Touareg damit sogar noch absenken und muss die Getränkekiste nicht mehr allzu hoch lupfen. Schont Muskeln und Lackierung.
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VW Touareg: Welche zusätzlichen Anschaffungen machen Sinn?
Nicht geschont wird der Geldbeutel des Touareg-Besitzers. Vor allem, wenn er beim Einkaufen in jedes Extra-Regal greift. Natürlich gibt es dort viele schöne und nützliche Dinge, wie die Nachtsichtkamera, mit der man fast schon gestochen scharf und Orangerot hervorgehoben Mensch und Tier (ab Schäferhundgröße) erkennen kann. Wer oft in der Dämmerung oder spätabends unterwegs ist, sollte trotz der rund 2.200 Euro Aufpreis über eine Anschaffung nachdenken. Nightvision gibt Sicherheit und rettet möglicherweise Leben.

Der Verbrauch des VW Touareg
Aber zurück zu den Motoren: Der kleine Sechszylinder (es gibt ihn auch mit 286 PS, da kostet er um rund 6.000 Euro mehr) macht aus dem Touareg einen SUV, der nicht säuft. Der Durst war bei unserem Alltagstest vergleichsweise zurückhaltend und lag bei knapp unter acht Litern und damit rund 1,5 Liter höher als der angegebene Durchschnittsverbrauch. Das ist nicht wenig, aber auch nicht viel, schließlich ist der Touareg kein Kleinwagen. Der Achtzylinder schluckt schon auf dem Papier 9,1 Liter, je nach Fahrweise dürfte man bei mindestens elf Litern liegen und damit bei rund einem Drittel mehr als beim kleinen Diesel. Und auch beim Kauf muss man mit 89.925 Euro deutlich mehr hinblättern, auch wenn hier Luftfederung, Allrad und Leder schon inbegriffen sind.
Unser Fazit zum VW Touareg
Wenn Touareg, dann gerne den mit 231 PS. Hier stimmen Preis, Leistung und Komfort.
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Rudolf Bögel
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