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„Für Menschen da sein“: 1.500 Heilbronner solidarisieren sich bei Spendenaktion der türkischen Gemeinde

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Von: Priscilla Dekorsi

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Am frühen Montagmorgen erschüttert ein schweres Beben den Südosten der Türkei und Regionen in Syrien. Um die Erdbebenopfer mit allem Nötigen zu unterstützen, organisiert die türkische Gemeinde eine Solidaritäts- und Spendenaktion in Heilbronn.

Rund 1.500 Menschen versammeln sich am Samstagnachmittag (11. Februar) für eine Solidaritäts- und Spendenaktion für die Erdbebenopfer in der Türkei auf dem Heilbronner Marktplatz. Die türkische Gemeinde, Vereine und Geschäftsleute der Großstadt sind schon seit dem Ausbruch der Katastrophe am Montag (6. Februar) in Aktion und organisieren unbürokratische Soforthilfe. Diese Kooperation kumuliert nun in der Zusammenkunft auf dem Marktplatz in Heilbronn.

Ein Ende der Hilfsaktion ist jedoch noch lange nicht in Sicht – ab nächster Woche werden jeden Tag Vertreter dieser Organisationen auf dem Kiliansplatz stehen: mit Gebäck, warmem Tee, einer Spendenkasse und offenem Ohr für die Trauer und den Kummer der Besucherinnen und Besucher.

Gebet für die Menschen in den Katastrophengebieten: Heilbronn bangt und weint gemeinsam

Einige Frauen liegen sich mit Tränen in den Augen in den Armen, andere tragen Bleche mit Kuchen und Fladenbroten herbei und breiten sie auf einem langen Tisch aus. Es herrscht emsiges Treiben vor dem Rathaus – bis gegen 16 Uhr der Ruf von drei Imamen erschallt und den Platz in andächtiges Schweigen hüllt.

„Wir haben einen Planeten und sind alle aufeinander angewiesen“, ruft der junge Geistliche Abdulkadir Avci ins Mikrofon. Viele Gläubige schließen die Augen und wenden ihre Handflächen dem Himmel zu.
„Wir haben einen Planeten und sind alle aufeinander angewiesen“, ruft der junge Geistliche Abdulkadir Avci ins Mikrofon. Viele Gläubige schließen die Augen und wenden ihre Handflächen dem Himmel zu. © Priscilla Dekorsi

„Wir haben einen Planeten und sind alle aufeinander angewiesen“, ruft der junge Geistliche Abdulkadir Avci ins Mikrofon. Viele Gläubige schließen die Augen und wenden ihre Handflächen dem Himmel zu. Manchen kullern Tränen übers Gesicht. „Ich möchte mit euch einen Spruch teilen, der viel Weisheit beinhaltet“, fährt der Imam fort. „Glück und Freude vermehren sich, wenn man sie teilt. Schmerz und Trauer allerdings können sich vermindern, wenn man sie teilt.“

„Für Menschen da sein“: 1.500 Heilbronner solidarisieren sich bei Spendenaktion

Aus diesem Grund ist auch Esra Topaloglu aus Heilbronn vor Ort. Der jungen Unternehmerin geht es darum, jetzt für Menschen da zu sein, die ihre Hilfe brauchen. „Ich habe eine größere Menge selbst gespendet und hoffe, dass zahlreiche Spenden generiert werden können, um den Menschen im Katastrophengebiet zu helfen“, sagt Topaloglu.

„Für Menschen da sein“: 1.500 Heilbronner solidarisieren sich bei Spendenaktion
„Für Menschen da sein“: 1.500 Heilbronner solidarisieren sich bei Spendenaktion © Priscilla Dekorsi

„Da sind Menschen, die uns brauchen – Kinder, die uns brauchen. Kinder, die keine Familie mehr haben, keine Wohnung, keine Heizung. Wenn ich darüber nachdenke, kommen mir einfach jedes Mal aufs Neue wieder die Tränen.“

„Die Stimmung ist gut und ruhig“: Die Aktion berührt auch die Polizei

Etwas abseits des Ortes des Hauptgeschehens steht ein Einsatzwagen der Polizei. Mit wohlwollendem Blick betrachten zwei junge Polizisten das Geschehen. „Ich finde es berührend, dass so viele Menschen an der Versammlung teilnehmen und die Gesellschaft die Spendensammlung so tatkräftig mitträgt und unterstützt. Selbstverständlich hoffe auch ich, dass viele Spenden für die Erdbebenopfer zusammenkommen“, sagt der Beamte am Steuer. Sein Kollege ergänzt: „Schon seit heute Morgen ist die Stimmung hier gut und ruhig. Es gab bisher keinerlei Auffälligkeiten.“

15 LKW-Ladungen: Die Heilbronner zeigen große Hilfsbereitschaft

Und tatsächlich ist die Hilfsbereitschaft der Menschen überwältigend. Aydin Ayaz aus Neckarsulm, Vorsitzender des türkischen Gesamtelternvereins Heilbronn, fasst seine Eindrücke der letzten Woche zusammen: „Die Leute wollen helfen. Auch deutsche Mitbürger wollen helfen. Und die Hilfsaktion geht weiter. Die hier ansässigen türkischen Vereine packen zusammen an, um die Menschen im Krisengebiet mit dem zu versorgen, was sie jetzt dringend brauchen. Die ersten Spenden sind schon in der Türkei angekommen. Jetzt wird mit neuen Listen weitergesammelt.“

Spendenaktion der türkischen Gemeinde in Heilbronn: Auch du kannst helfen!
Spendenaktion der türkischen Gemeinde in Heilbronn: Auch du kannst helfen! © Priscilla Dekorsi

Gebraucht würden nun beispielsweise auch „Dixi-Toiletten“ und „Winterzelte“. Insgesamt seien bis jetzt, organisiert von der Kooperation, 15 LKW-Ladungen in Richtung Türkei auf den Weg gebracht worden.

„Wir haben einen Planeten und sind alle aufeinander angewiesen“: Türkische Gemeinde zieht an einem Strang

Allein bei den in Heilbronn ansässigen türkischen Vereinen beteiligten sich „viele hunderte Menschen“ an der großflächigen Hilfsaktion. Besonders hervorstechen würde dabei das Engagement der „Frauen“ und „Frauenvereine“, erklärt Ayaz.

Spendenaktion der türkischen Gemeinde in Heilbronn: Besonders hervorstechen würde dabei das Engagement der Frauen und Frauenvereine.
Spendenaktion der türkischen Gemeinde in Heilbronn: Besonders hervorstechen würde dabei das Engagement der Frauen und Frauenvereine. © Priscilla Dekorsi

Der Vereinsvorsitzende drückt seine Wertschätzung offen aus: „Die Frauen bewältigen alles. Meinen großen Dank an die Frauen.“ So seien allein am vergangenen Samstag rund 600 Frauen aktiv gewesen, um die Hilfsaktion zu ermöglichen und die Besucher und Helfer als Geste der Freundlichkeit und der Großzügigkeit mit frischem Gebäck und orientalischen Köstlichkeiten zu empfangen.

Heilbronner Spendenaktion für Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien
Allein bei den in Heilbronn ansässigen türkischen Vereinen beteiligten sich viele hunderte Menschen an der großflächigen Hilfsaktion. © Priscilla Dekorsi

An Aufhören ist für die zahlreichen Akteurinnen und Akteure nicht zu denken – die Hilfsaktion geht gerade in die nächste Runde. So klingen auch die Worte des Imams noch lange bei den Beteiligten nach: „Wir haben einen Planeten und sind alle aufeinander angewiesen.“

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