Rassismus-Vorwürfe wegen Faschingsgebäck: Heilbronner Bäcker findet‘s „lächerlich“

Rassistische Motive bei einem Bäcker in Heilbronn? Dieser Vorwurf steht seit Kurzem im Raum. Und sorgt inzwischen nicht nur für Diskussionen, sondern auch für Hass im Netz. Allerdings nicht gegen den Bäcker.
Es ist noch gar nicht so lange her, da kochte eine Rassismus-Debatte um ein neues Buch des Ravensburger Verlages über Winnetou hoch, sodass im Sommer letztlich alle Exemplare von „Jungen Häuptling Winnetou“ aus dem Handel genommen wurden. Es ging um verharmlosende Klischee-Darstellung, gepaart mit rassistischen Stereotypen. Auch in Heilbronn hatte es darum Diskussionen gegeben.
Inzwischen sind einige Monate vergangen, Faschingsumzüge ziehen auch durch die Region Heilbronn und bei vielen Bäckern wird Faschingsgebäck verkauft. So auch bei der Bäckerei Herrmann, die sich nun allerdings einiger Kritik ausgesetzt sieht. Der Hintergrund: Eine Kundin der Filiale im Heilbronner Süden hatte die Antidiskriminierungsstelle darauf aufmerksam gemacht, dass Teile der Ware rassistische Vorurteile bediene – woraufhin sich diese mit einem Schreiben an den Bäcker Ralf Herrmann wandte.
Rassismus-Skandal bei Bäcker in Heilbronn?
Der Brief (liegt der Redaktion vor) ist überschrieben mit „Verwendung rassistischer Stereotype im Rahmen von Fasching“, bezieht sich auf den Hinweis der Kundin und weist unter anderem folgenden Inhalt auf: „Der Kundin ist aufgefallen, dass in Ihrer Filiale in Heilbronn-Süd gefüllte Berliner mit Faschingsdekoration verkauft wurden. Das verwendete Dekorationsmaterial (kleine Köpfe mit schwarzer und indigener Hautfarbe, Anm. d. Red.) zeigte auch Darstellungen schwarzer und indigener Menschen.“
Im weiteren Verlauf geht die Antidiskriminierungsstelle näher auf die Stereotype ein und weist Ralf Herrmann darauf hin, warum das verkaufte Gebäck für Unmut sorgen könnte. Abschließend heißt es: „Aus den oben dargelegten Gründen, würden wir uns freuen, wenn Sie das Dekorationsmaterial diskriminierungssensibel abändern.“
Rechte Kreise hetzen bei Telegram und verteidigen Bäcker Ralf Herrmann
Das Schreiben an die Bäckerei ist vom 20. Januar. Seitdem ist viel passiert. Was vor allem auch damit zu tun hat, dass der nur für Ralf Herrmann bestimmte Brief im Netz (unter anderem in diversen Telegram-Gruppen) landete und dort vor allem rechte Kreise auf den Plan rief.
Ein Problem, vor allem auch für die Antidiskriminierungsstelle, wie Geschäftsführerin Mirjam Sperrfechter gegenüber echo24.de erklärt: „Wir sind nicht die Erfinder dieses Themas, weisen aber auf derlei Dinge hin. Auch hier ist dies nichts anderes als ein Hinweis an die Bäckerei. Was aber die Folge der Veröffentlichung des Briefs ist, ist sehr befremdlich. Wir erhalten seither beleidigende bis diffamierende Hass-Mails und in Netzwerken der rechtsextremen Szene kursiert inzwischen der Name plus Foto und Mail-Adresse einer unserer Mitarbeiterinnen.“
Von „nur ein Hinweis“ bis „lächerlich“ ist alles dabei
Darauf aufmerksam gemacht wurde Mirjam Sperrfechter von der landesweiten Fachstelle Mobirex, die sich nun intensiver mit dem Thema befasst. Sperrfechter selbst kann den Wirbel nicht verstehen: „Wir drohen ja niemandem mit Konsequenzen, letztlich ist das Schreiben nur ein Hinweis.“
Bäcker Ralf Herrmann kann da nur den Kopf schütteln, ist irritiert wegen des Briefs. Auf Nachfrage von echo24.de sagt Herrmann: „Ich finde das lächerlich. Dürfen Kinder sich dann auch nicht mehr als Indianer verkleiden? Ich habe damit niemanden diskriminiert.“ Aktiv werden muss er ohnehin nicht, da das Faschingsgebäck inzwischen ausverkauft sei und nicht mehr nachproduziert werde. „Aber nicht wegen dieses Schreibens.“
Heilbronner Stadtrat wegen Rassismus-Vorwurf eingeschaltet
Das ist inzwischen auch in Teilen des Heilbronner Stadtrats angekommen, allen voran bei Marion Rathgeber-Roth von der Gruppierung „Unabhängige für Heilbronn“. „Herr Herrmann hat mich über das Schreiben informiert. Ich werde mich dazu kommende Woche auch mit Frau Sperrfechter unterhalten. Das kann man so nicht stehen lassen. Wir müssen uns da auch ganz grundsätzlich unterhalten, was eigentlich die Aufgabe der Antidiskriminierungsstelle ist“, sagt Marion Rathgeber-Roth gegenüber echo24.de.
Nun könnte man einwerfen, dass genau dafür diese Institution geschaffen wurde, um eben auf solche Themen aufmerksam zu machen. Marion Rathgeber-Roth sieht das anders, auch wenn sie zugeben muss: „Das Thema hat natürlich eine gewisse Brisanz. Ich könnte es ja nachvollziehen, wenn direkt jemand betroffen wäre.“ Doch genau das ist ja der Fall, wie Mirjam Sperrfechter erklärt.
Scheint, als gebe es einiges zu besprechen, wenn die beiden Frauen am kommenden Montag zu einem Gespräch zusammenkommen. Ralf Herrmann hat im Übrigen nicht auf den an ihn gerichteten Brief reagiert.