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Vögel drehen völlig durch - Tiere attackieren in baden-württembergischer Stadt Autos und Fenster

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Von: Franziska Schuster

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Wacholderdrossel im Flug
In Weinsberg haben Anwohner mit aggressiven Drosseln zu kämpfen. © imageBROKER/FLPA/Roger Tidman/imago images

In Weinsberg machen aggressive Vögel ein Wohngebiet unsicher. Sie gehen auf Fensterscheiben und Autos los.

Weinsberg -Immer wieder hackt die Drossel mit dem Schnabel gegen die Scheibe, flattert vor dem Fenster auf und ab. Für die Anlieger eines Wohngebiets in Weinsberg (Baden-Württemberg) gehört das aktuell zum Alltag. Nicht nur Scheiben werden von den scheinbar aggressiven Vögeln attackiert, auch Autos sind nicht vor ihnen sicher.

Die Anwohner haben schon einiges versucht, um sich gegen die Tiere zu wehren. Bisher jedoch vergeblich. Doch was ist los mit den Vögeln in Weinsberg? Dahinter steckt ein bestimmtes Phänomen.

Vögel attackieren in Weinsberg Autos und Fenster - natürliches Phänomen des „Spiegelkämpfers“

Wer das Verhalten der Vögel beobachtet, denkt womöglich an den Horrorfilm „Die Vögel“ von Alfred Hitchcock, in dem Vögel Menschen angreifen. Ganz so schlimm ist es im Fall von Weinsberg jedoch nicht. Ziel der Attacken im Maulrainweg waren bisher Fensterscheiben und Autos. Anwohner sind genervt, denn die Vögel koten zudem alles voll und spucken mit Beeren. Das Verhalten der Drosseln hat einen bestimmten Grund, wie der SWR berichtet. Die Vögel entdecken ihr Spiegelbild und halten es für einen Rivalen, den sie wiederum aus ihrem Revier vertreiben wollen.

Das Phänomen ist unter Fachleuten als „Spiegelkämpfer“ oder „Spiegelfechter“ bekannt. Zwischen März und Juni tritt dieses während der Brutzeit bei kleineren Vogelarten auf, so der SWR. Denn während dieser Zeit geraten die Hormone der Vögel besonders in Wallung, sie verteidigen ihr Nest entsprechend aggressiv. Nur selten verletzen sich die Tiere dabei.

Besonders bei Bachstelzen, Rotkehlchen, Amseln, aber auch bei Krähen kann das „Spiegelfechter“-Phänomen auftreten. Ist die Brutzeit vorbei, beruhigen sich die Vögel wieder. Bis dahin müssen die Anwohner die Attacken wohl oder übel ertragen. Denn Vögel stehen unter Artenschutz, es steht demnach unter Strafe, das Nest zu entfernen oder aber der Brut und den Jungvögeln zu schaden. Um die seltene Haubenlerche zu schützen, geht die Stadt Walldorf einen extremen Schritt: Ein bundesweit einzigartiges Ausgangsverbot für Katzen soll den Bestand der Vögel sichern.

NABU-Experte: Verdeckte Fenster halten aggressive Vögel fern

Selbst heruntergelassene Rollläden halten die Drosseln in Weinsberg nicht auf, wie ein Anwohner dem SWR gegenüber beklagt. Es höre sich fast so an, als wolle die Drossel die Fensterscheibe einklopfen, sagt Jan Unvericht. Auch eine Raben-Attrappe und ein Osterhase, die er auf dem Fensterbrett platziert hatte, schreckte die Vögel nicht ab. Die unechte Krähe pickten die Drosseln vom Fensterbrett. Mit aggressiven Nilgänsen hat unterdessen die Stadt Heilbronn zu kämpfen. Die gebietsfremde Art darf in der Stadt jedoch nicht bejagt werden.

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) empfiehlt, die Scheiben von außen abzudecken, damit die Vögel keine Spiegelung von sich mehr sehen können. Auch Fensteraufkleber, etwa Greifvogelsilhouetten, bringen meist nichts. Betroffene Autos sollten die Anwohner am besten umparken, die Seitenspiegel verhüllen, rät Ulrich Tammler, Fachbeauftragter für Ornithologie beim NABU. Für die Weinsberger heißt es nun erst einmal ausharren, bis die Brutzeit und der Vogelspuk vorbei sind.

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