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Kommentar zum Lufthansa-Streik: Reine Gier oder doch gerecht?

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Von: Marc Thorwartl

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Die Piloten der Lufthansa streiken – die Folge: Rund 800 Flüge fallen aus. Das trifft nicht überall auf Verständnis. Ein Kommentar.

Die Piloten der Lufthansa streiken. Zuerst einmal nur für heute (Freitag, 2. September), aber immerhin fallen 800 geplante Verbindungen auf den Flughäfen Frankfurt und München aus. Fluggäste, die sich auf ihren Jahresurlaub gefreut haben, werden vor den Kopf gestoßen, müssen bei überlasteten Lufthansa-Hotlines anrufen, wissen nicht, ob oder wann sie ihren Flug antreten oder wie sie umbuchen können.

Sie haben wenig Verständnis für den Streik einer Berufsgruppe, die Gehälter kassiert, von denen die breite Masse der Arbeitnehmer nur träumen kann. Zwischen 69.000 und 275.000 Euro verdienen Piloten bei der deutschen Vorzeige-Airline. Je nach Berufserfahrung und Dienstrang. Jetzt sollen 5,5 Prozent mehr Geld für dieses und ein automatischer Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr erreicht werden. Bei aktuell knapp acht Prozent Inflation und einem Verdienst von 200.000 Euro macht das im Jahr die stolze Summer von 16.000 Euro aus oder knapp 1.350 Euro mehr Gehalt. Wohlgemerkt: pro Monat! 

Piloten streiken bei der Lufthansa: Es drängt sich der Verdacht der Gier auf

Hierbei drängt sich der Vergleich mit der Geschichte der kleinen Raupe Nimmersatt auf. In Zeiten von Rezession, steigender Inflation, Ukraine-Krieg und Energie-Krise sind es ausgerechnet die Besserverdiener, die noch mehr Gehalt einfordern. Und das, obgleich sie bereits viele zusätzliche Vergünstigungen wie früheren Pensionseintritt, Boni-Zahlungen oder günstige Flüge für Familienangehörige zusätzlich erhalten.

Zugegeben, Piloten tragen eine große Verantwortung für ihre Fluggäste, doch die hat auch ein ICE-Lokführer, der aber bei Weitem nicht in derselben Gehaltsstufe anzutreffen ist. Vielmehr scheint sich hier der Verdacht der Gier aufzudrängen. Die Flugbranche ist nach zwei Jahren Corona gerade im Aufwind und auf dem Weg, sich zu erholen, da schlittert sie durch den Ukraine-Krieg in die nächste Krise. Und on top kommt jetzt der Streik.

Lufthansa-Streik: Arbeitsniederlegung der Piloten nicht gerechtfertigt

Dass es den Piloten nur um ihren eigenen Vorteil geht, wird dadurch deutlich, dass die Kollegen von Eurowings, Lufthansa Cityline oder Eurowings Discover sowie der Lufthansa-Töchter Swiss, Brussels oder Austrian nicht streiken. Interessant: Die Piloten dieser Airlines verdienen eh schon weniger als ihre Lufthansa-Kollegen, bei Eurowings liegt der Verdienst – für dieselbe Arbeit – zwischen 59.000 und 167.275 Euro. 

Nein, der Streik der Lufthansa-Piloten ist nicht gerechtfertigt, selbst wenn einige der Piloten eine kostenintensive Ausbildung, beispielsweise an einer Flugschule, gemacht und dadurch erst einmal Schulden angehäuft haben. In Zeiten von Krisen und grundlegenden Veränderungen, ist Weitblick, aber kein impulsiver Schnellschuss gefragt. Gemäßigte Lohnsteigerungen sind noch zu vertreten, aber von der ganzen Bevölkerung werden Einschränkungen verlangt. Da können die Kranich-Piloten nicht einfach ausscheren. Statt Gier ist derzeit Demut angesagt – die scheinen sie nicht zu kennen. 

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