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AKW Neckarwestheim als „Notreserve“ – das sagen Baden-Württembergs Politiker

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Von: Michaela Ebert

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Kernkraftwerk Neckarwestheim
Das Kernkraftwerk Neckarwestheim bleibt in Bereitschaft, auch über das geplante Abschaltungsdatum vom 31. Dezember 2022 hinaus. © Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Nach dem Stresstest von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steht es fest: Das Atomkraftwerk Neckarwestheim 2 soll bis April 2023 als „Notreserve“ bleiben. echo24.de hat mit Politikern aus der Region gesprochen.

Aufgrund der akuten Gasknappheit haben sich laut Robert Habeck, dem Bundeswirtschaftsminister und Grünen-Politiker, die Pläne für das Atomkraftwerk Neckarwestheim 2 geändert: Geplant war, das Kraftwerk Ende des Jahres für immer vom Netz zu nehmen. Nun steht fest: das AKW Neckarwestheim bleibt – zumindest als „Notreserve“.

Die Entscheidung der Bundesregierung ergibt sich aus dem Stresstest, den Habeck in den vergangenen Wochen durchführen ließ. Dieser zeigte, dass für den bevorstehenden Winter eine „krisenhafte Situation im Stromsystem nicht auszuschließen“ sei. Bei der Simulation der Worst-Case-Szenarien ergab sich somit, dass die Atomkraftwerke in schweren Zeiten zumindest für Netzstabilität sorgen könnten.

Grünen-Politiker zum AKW-Erhalt: Es geht nicht um Leistung, sondern um Stabilität

Aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall - Hohenlohe, welcher keine 50 Kilometer vom Atomkraftwerk entfernt liegt, spricht Harald Ebner, Bundestagsabgeordneter der Grünen und Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, mit echo24.de. Ihm ist es in erster Linie wichtig zu betonen: „Es handelt sich nicht um einen Weiterbetrieb, sondern um ein Abschalten zum 31. Dezember und eine Bereithaltung, im unwahrscheinlichen Notfall den Betrieb wieder anzufahren.“ Der Rückbau des Werkes sei dadurch, wenn überhaupt, höchstens kurzfristig um 4 Monate verzögert. „Da geht es nicht um Leistung, da geht es um Stabilität. [...] Nur im alleralleräußersten Notfall greifen wir darauf zurück“, sagt Ebner.

Für den kommenden Winter sieht Ebner jedoch kaum Schwierigkeiten in Bezug auf einen Energieausfall. „Bei der Versorgungssicherheit mache ich mir aktuell keine Sorgen. Das heißt nicht, sorglos zu sein. Wir müssen schon alle Einsparungspotenziale ausschöpfen. Da sind wir alle gefragt: von Industrie über Handwerk bis Privatverbraucher.“ Ab September treten daher auch neue Maßnahmen in Kraft.

CDU-Politiker hofft auf zeitlich befristete Verlängerung der AKWs

Fabian Gramling, CDU-Politiker für den Wahlkreis Neckar-Zaber und Bundestagsabgeordneter, würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und das Kraftwerk gern länger am Netz lassen. „Die große Unbekannte wird sein: Wie kalt wird der Winter? Aufgrund der letzten Wochen bezweifle ich allerdings, dass die Energieversorgung noch ausreichen wird.“ Er rechne vielmehr mit regionalen Schwierigkeiten, besonders in Süddeutschland. „Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es zu regionalen Engpässen und Blackouts kommen könnte. Daher ist es für mich unverständlich, warum man die beiden Kernkraftwerke in Süddeutschland jetzt nur als Reserve behält.“

In Bezug auf die Grundlast stellt sich für ihn daher vor allem die Frage: „Sind wir dazu in der Lage, [ausreichend Energie bereitzustellen,] wenn die Sonne mal weniger scheint oder der Wind mal nicht so stark weht? Deswegen finde ich, dass man in der jetzigen Situation Neckarwestheim länger laufen lassen sollte. Nicht unbefristet, aber zumindest zeitlich befristet verlängert.“

Das Atomkraftwerk Neckarwestheim 2 am Neckar.
Das Atomkraftwerk Neckarwestheim 2 am Neckar. Noch ist es in Betrieb. © Michaela Ebert/echo24.de

Bürgermeister sieht Neckarwestheim als berechtigten „Teil der Lösung“

Dass der geplante Notbetrieb des Kraftwerks bis April 2023 keine finanziellen Vorteile bringt, betont zudem Jochen Winkler, Bürgermeister von Neckarwestheim, im Gespräch mit dem SWR Studio Heilbronn. „Außer, dass wir eine Anlage haben, die etwas länger da ist, als geplant“, würde sich erst einmal nichts ändern.

Sollte es im Winter jedoch zu einer möglichen Strom-Mangellage kommen, sehe er das Kraftwerk als berechtigten „Teil der Lösung“, wie er gegenüber dem SWR erwähnt. Winkler wies darüber hinaus darauf hin, dass die Entscheidung jedoch keine endlose Laufzeitverlängerung bedeute, auch wenn er schon länger damit gerechnet hätte, dass das AKW in der aktuellen Situation noch gebraucht werden könnte.

Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim zeigt Unverständnis – und plant Demonstration

Auch das Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim zeigt bereits eine erste Reaktion: Am Samstag, 22. Oktober 2022, soll eine überregionale Abschalt-Demonstration stattfinden. „Wir akzeptieren sowohl in Neckarwestheim, wie auch als bundesweite Anti-AKW-Bewegung die geplanten Laufzeitverlängerungen an den zwei Standorten nicht. [...] Atom und fossile Kraftwerke behindern die rasche weitere Energiewende“, heißt es in einer Mitteilung des Aktionsbündnisses.

Dass die Situation um das Atomkraftwerk bereits mehrfach kritisiert wurde, ist kein Geheimnis: Zuletzt wurden am AKW Neckarwestheim Risse entdeckt, die ein erhebliches Risiko darstellen könnten. Auch eine Energie-Expertin sieht das AKW „als Reserve ungeeignet“.

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