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Über zwei Jahre und dutzende Diskussionen dauerte die Aufteilung von Kaiser‘s Tengelmann 2016. Droht bei der Zerschlagung der Real-Kette ein ähnliches Szenario?
Viele werden sich noch erinnern an das schier unendliche Ringen von Edeka und Rewe um Kaiser‘s Tengelmann. Über zwei Jahre dauerte die Auseinandersetzung rund um die Aufteilung der Supermarktkette. Am Ende – im Frühjahr 2017 – übernahm Rewe 64 Kaiser‘s-Tengelmann-Filialen vorrangig in Berlin, die übrigen 340 Märkte behielt Edeka. Das berichtet echo24.de*.
Was am Ende auf dem Papier deutlich geklärt aussieht, dem gingen etliche Diskussionen voraus. Im April 2015 hatte das Bundeskartellamt nämlich den Zusammenschluss von Edeka und Kaiser‘s Tengelmann verboten. Zuvor hatten die Unternehmen im Herbst 2014 mitgeteilt, dass die Supermärkte Ende Juni 2015 an Edeka verkauft werden sollen. Auch Konkurrent Rewe klagte damals gegen die geplante Übernahme.
Unternehmen | Kaufland |
Zentrale | Neckarsulm |
Mitarbeiterzahl | 132.000 |
Gründung | 1984, Neckarsulm |
Ringen um Kaiser‘s Tengelmann: Kommt die Wiederholung bei Real?
Die Entscheidung des Bundeskartellamtes wurde im März 2016 durch eine Ministererlaubnis von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ausgehebelt. Er erlaubte die Übernahme durch Edeka unter bestimmten Auflagen wie einer fünfjährigen Arbeitsplatzgarantie für die Beschäftigten. Edeka und Tengelmann hatten zuvor einen Antrag beim Ministerium gestellt.
Doch damit nicht genug: Das Oberlandesgericht Düsseldorf blockierte wiederum im Juli 2016 die Ministererlaubnis. Schließlich musste der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder vermitteln. Am Ende galt die Erlaubnis des Ministers, Rewe und Edeka einigten sich auf Verträge. Auch das Bundeskartellamt billigte die Pläne. Ende 2016 endete die Ära von Kaiser‘s Tengelmann. Zum 1. Januar 2017 kaufte Edeka die Supermärkte und reichte 64 Filialen in einem zweiten Schritt an Rewe weiter.
#Edeka und #Rewe haben Kaufvertrag zu #Kaisers #Tengelmann fertig #Berlinhttps://t.co/sbplwRnfu4 pic.twitter.com/AruMedfxPJ
— BZ Berlin B.Z. (@bzberlin) December 2, 2016
Neckarsulm: Kaufland kämpft mit Edeka und Globus um Real-Filialen
Wird sich ein ähnliches Szenario beim Verkauf der Warenhauskette Real wiederholen? Real war von dem Handelskonzern Metro an den russischen Finanzinvestor SCP verkauft worden. Dieser will die Real-Kette verkaufen. Konkret geht es um 270 Real-Filialen. Kaufland will bis zu 101 davon übernehmen. Auch Edeka hat eine Wunschliste mit 72 Real-Standorten eingereicht. Das Bundeskartellamt prüft den geplanten Verkauf*.
Was bereits feststeht: Die Schwarz-Gruppe mit Sitz in Neckarsulm, zu der Kaufland und Lidl gehören, bekam Anfang Oktober von der EU-Kommission grünes Licht für die Übernahme des Online-Marktplatzes real.de*. Hier habe es keine Wettbewerbsbedenken gegeben. Die Online-Plattform soll unter dem Namen Kaufland weitergeführt werden.
Die Zerschlagung von Real durch Edeka und Kaufland schien nur eine Formalie zu sein. Doch die rechtlichen Hürden sind hoch. Die Aufteilung der Standorte könnte sich verzögern. Das weckt dunkle Erinnerungen. https://t.co/GvtB1zOyso pic.twitter.com/71DnWfOUeD
— WirtschaftsWoche (@wiwo) October 20, 2020
Vor einem Monat schaltete sich aber auch die Supermarktkette Globus in die Verhandlungen um die Real-Filialen ein. Globus habe Interesse am Erwerb von 16 Real-Märkten, teilte eine Sprecherin der Firma mit. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Bekäme Globus diese zusätzlichen Märkte, wäre die Kette auch in NRW präsent. Die Real-Märkte lediglich an Edeka und Kaufland zu verkaufen, würde deren Marktmacht weiter stärken „und damit die Handelsvielfalt in Deutschland bedrohen“, so die Globus-Sprecherin.
Kaufland und Edeka größte Einzelhändler – Bundeskartellamt prüft Real-Übernahme
Jetzt heißt es warten auf das Bundeskartellamt. Dieses gab Mitte September bekannt, eine vertiefte Prüfung zum Verkauf der 72 Real-Standorte an Edeka eingeleitet zu haben. Die soll spätestens am 21. Dezember abgeschlossen sein. Es geht laut den Wettbewerbshütern um weitere Ermittlungen zu den Absatz- und Beschaffungsmärkten. Die Kaufland-Transaktion überprüft das Kartellamt ebenfalls in einem Verfahren. Wie die WirtschaftsWoche berichtet, drohen jetzt erneute Verzögerungen. Demnach haben sich die Bonner Behörde und Kaufland auf eine weitere Fristverlängerung hinsichtlich der Prüfung der möglichen Übernahme verständigt. Bis zum 30. November soll hier entschieden werden.
Das Bundeskartellamt hat die Aufgabe des Schutzes des Wettbewerbs in Deutschland. Edeka und die Schwarz-Gruppe sind laut WirtschaftsWoche die beiden größten deutschen Einzelhändler Deutschlands. Ihre Position dürfte nach der Real-Übernahme noch stärker sein. Eine solche Marktkonzentration sieht das Kartellamt nicht gerne.
Verkauf von Real-Filialen: Bundeskartellamt überprüft Kaufland-Deal
Wie die WirtschaftsWoche weiter berichtet, geht es der Bonner Behörde jetzt darum, bei Lebensmittelherstellern mehr über die Verhältnisse im Markt herauszufinden. Auch geht es um die Marktanteile und das Einzugsgebiet, das jede Real-Filiale hat. Bei den Prüfverfahren kommt auch Globus als Marktteilnehmer zu Wort. Es kann sein, dass auch Globus einige Märkte bekommt, die Edeka oder Kaufland nicht übernehmen dürfen.
Kommt eine Zustimmung durch das Bundeskartellamt hinsichtlich der Übernahme-Pläne von Kaufland und Edeka, ist es wahrscheinlich, dass die Konkurrenten klagen werden. Lehnt das Kartellamt ab, kommt die Frage auf, ob auch Edeka und Kaufland einen Antrag auf Ministererlaubnis beim Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier stellen. Das Ministerium äußert sich gegenüber der WirtschaftsWoche dazu noch nicht. Der Fall sei bekannt, zuständig aber das Kartellamt. *echo24.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks
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