Führerschein-Test für Personen ab 70: Senioren wütend – „Altersgrenze zu niedrig“
Die EU plant eine Reform: Ältere Menschen ab 70 sollen in Zukunft alle fünf Jahre nachweisen, dass sie noch fahrtauglich sind. Wie sehen das die Senioren?
Eine geplante EU-Reform bewegt die Gemüter, und zwar nicht nur die der Senioren. Zukünftig sollen Personen ab 70 alle fünf Jahre nachweisen, dass sie noch zum Autofahren imstande sind, sonst droht der Verlust der Fahrerlaubnis. Vor dem Jahr 2013 war es so, dass der Führerschein, der oft mit 18 Jahren erworben wurde, danach ohne Befristung gültig war. Im Januar 2013 trat eine Änderung der vorher gültigen Führerscheinrichtlinie in Kraft. Laut dieser ist der Führerschein nicht mehr unbefristet gültig, sondern die Gültigkeit ist auf 15 Jahre begrenzt und kann danach verlängert werden.
Nun ist aber von der EU eine Änderung der Führerscheinrichtlinie vorgesehen, die EU-weit Gültigkeit erlangen soll. Diese neue Richtlinie sieht vor, dass Personen ab 70 alle fünf Jahre einen Nachweis über den Fortbestand ihrer Fahrtauglichkeit erbringen müssen. Wie genau diese Fahrtauglichkeit nachzuweisen sein wird, ist Sache des jeweiligen EU-Mitgliedsstaates.
Führerschein-Test für Senioren ab 70 – so reagieren Rentner auf Reform
Wie aber sehen die Senioren in Deutschland diese geplante EU-Richtlinie? echo24.de fragt nach: Stichprobenartig wurden älteren Menschen ab 70 Fragen zu diesem umstrittenen Thema gestellt. Die Antworten ergaben, dass die geplante Führerschein-Reform der EU für Personen ab 70 Jahren bei dem befragten Personenkreis nicht auf Zustimmung stößt.
„Die Altersgrenze von 70 Jahren ist zu niedrig“, so lautete die einhellige Meinung der befragten Senioren in Bezug auf die Altersgrenze. Begründet wurde diese Meinung damit, dass heutzutage die Senioren ab 70 im Vergleich zu früheren Generationen viel rüstiger und fitter sind.
Führerschein-Test: „Senioren sind geistig topfit und ein wertvoller Teil unserer Gesellschaft.“
„Heutzutage stehen ältere Fachkräfte, die bereits im Ruhestand sind, als Berater in Firmen, weil es an Nachwuchs von gut ausgebildeten Fachkräften fehlt“, so bringt beispielsweise ein 78-jähriger Unternehmer im Ruhestand dieses Thema auf den Punkt.
„Joe Biden ist zum Beispiel mit über 80 Jahren noch Präsident einer Nation“, so erläutert der ehemalige Unternehmer weiter seine Meinung und erwähnt, dass er bis heute Anwärter für den Bootsführerschein ausbildet. „Hier gibt es keine Altersgrenze“, sagt er. Dass auf die Fahrtauglichkeit aller Verkehrsteilnehmer geachtet werden muss, ist unbestritten, aber das hat mit dem Charakter der einzelnen Personen zu tun und nicht nur mit dem Alter, so beschreibt er die Situation.
„70 ist die neue 60“: Senioren sehen Führerschein-Reform kritisch entgegen
„70 ist die neue 60“, so sieht es ein rüstiger Rentner im Alter von 73 Jahren, der in einem Kurort in der Nähe von Heilbronn als Fahrer des Bürgerbusses tätig ist. „Wir müssen alle 5 Jahre eine Fahrtauglichkeitsprüfung ablegen. In diesem Fall ist es ja auch gerechtfertigt, denn hier geht es um Personenbeförderung“, so lautet sein Kommentar. Privat hält er diese geplante EU-Regelung nicht für sinnvoll. Gleichzeitig betont er, dass er privat nicht ohne Auto auskommen könnte.
„Einerseits soll man möglichst bis 70 arbeiten, andererseits wird die Fahrtauglichkeit angezweifelt. Wie passt denn das zusammen“?, sagt eine andere Person, die von der EU-Reform betroffen wäre.
Fahrtauglichkeitsprüfung für Senioren: Sonntagsfahrer sind eher das Problem
Eine Dame im Alter von 71 Jahren, die noch immer als selbständige Unternehmerin tätig ist, vertritt die Meinung, dass jemand, der viel fährt einfach mehr Routine beim Fahren hat, als jemand, der nur zweimal wöchentlich das Auto zum Brötchen einkaufen aus der Garage holt. Die sprichwörtlichen „Sonntagsfahrer“ waren früher der Inbegriff von ungeübten Fahrern.
„Ich glaube, dass nicht die Vielfahrer das Problem sind, sondern die ,Wenigfahrer‘. Hier ist nicht das Alter entscheidend, sondern die Fahrpraxis“, so lautet ihre Meinung. Sie verweist auf Winfried Kretschmann, den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, der 75 Jahre alt ist, und diese neue EU-Regelung ebenfalls ablehnt.
Die befragten Personen wiesen auf ihre langjährige Fahrpraxis mit Auto, Wohnmobil oder Motorrad hin. „Seit über 50 Jahren fahre ich nun unfallfrei“, so lautet bei den Befragten die Antwort zu diesem Thema. Grundsätzlich zeigt die Unfallstatistik, dass Rentner seltener in Unfällen verwickelt sind.
Würden Senioren auch ohne Führerschein zurechtkommen?
Und wie würde man als älterer Mensch ohne Auto im Alltag zurechtkommen? Diese Frage wurde sehr eindeutig beantwortet. „In die Innenstadt zu kommen, wäre ja mit dem Bus kein Problem. Einkaufen funktioniert aber bei mir nicht ohne Auto und wie soll ich z. B. meine Gartenabfälle zum Recyclingplatz schaffen?“, so äußert sich der Rentner, der auch als Fahrer des Bürgerbusses tätig ist, auf die Frage, ob er privat ohne Auto im Alltag zurechtkommen würde.
Ein Hobbymusiker (78) fragt: „Soll ich mein Musik-Equipment vielleicht unter den Arm nehmen?“ Und ein weiterer Rentner sagt: „Ja, ich kann ohne Auto auskommen, solange meine Frau noch einen Führerschein und ein Auto besitzt.“ Aber konkret: „Ohne Auto müssten wir häufig unseren Sohn um Hilfe bitten, z. B für die Fahrten zum Arzt oder zum Einkaufen“